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Schwangerschaft

Die 1. Schwangerschaft

Ein neues Universum

Romantisch verklärt kaufte ich den Schwangerschaftstest. Sofort, sozusagen schon bei der Benetzung mit meinem Urin, färbten sich Kontrollfenster und „Anzeigen“-Fenster auf SCHWANGER. Ich war erfreut, aber auch sofort zittrig UND ich hatte das starke Bedürfnis einen großen Schnaps zu trinken. Oh Mann, wie aufregend! Aber ich war unsicher, ob das Ergebnis so stimmt und wartete die empfohlenen 3 Minuten. Es waren ziemlich lange 3 Minuten. Aber es änderte sich natürlich nichts mehr an dem Ergebnis. Und den Schnaps konnte ich mir auch klemmen.

Dann suchte ich ganz aufgeregt und recht flott die Gynäkologenpraxis meines bisherigen Vertrauens auf.
Der erste Kontakt am Tresen lief so ab: „Guten Tag, was kann ich für sie tun?“
-„Ich glaube ich bin schwanger! Ich hatte einen positiven Schwangerschaftstest! Hier!“ und ich fuchtelte stolz damit vor der Nase der Sprechstundenhilfe herum.

Ziemlich nüchtern fragte sie, wann die letzte Periode gewesen sei und blickte mich komplett unbeeindruckt an. Ok, ok, die hört sowas natürlich ständig, dachte ich, und strahlte weiter. Gleichzeitig wollte ich wissen, wie es jetzt weiter ginge. Die Dame drehte, nachdem ich die letzte Periode durchgegeben hatte, an einer Art Tachoscheibe und wusste: „Das ist aber noch zu früh! Da können wir gar nichts sehen!“ In meinen schwindenden Enthusiasmus hinein fügte sie hinzu: „ Wollen sie es denn behalten?“  Hä?? Diese Frage fand ich voll daneben, denn ich hatte meine Schwangerschaftsverkündung ja nicht unter Tränen vorgetragen. Etwas irritiert antwortete ich mit JA, war aber wie ausgebremst und ließ mir einen Termin für 3 Wochen später geben.
Das war vielleicht eine Ernüchterung!
Nachdem ich mich wieder berappelt hatte, freute ich mich dann trotzdem. Mir ging es nicht wirklich schlecht. Ich war nur unfassbar müde und hatte einen riiiiesen Appetit auf Tomaten und mochte den ein oder anderen Geruch nicht mehr.
Dann kam der Termin. Ich wurde über alle möglichen Vorsorgeuntersuchungen informiert. Die Pränataldiagnostik-Welle schlug über meinem Kopf zusammen. Wieso ist das Erste, was man hört, was alles schief gehen kann und was man alles überprüfen kann? Wieso sagt niemand, was alles gut läuft? Über alle Risiken wurde referiert. Und „OH Schreck! ICH HATTE KEINE FOHLSÄURE EINGENOMMEN! Mit einer riesen Tragetasche voller Broschüren und Ratgebern wurde ich entlassen. Da saß ich nun. Die Idee von ich freu mich, alle anderen freuen sich auch, war hinüber! Vor allem machte mich hektisch, dass ich KEINE FOHLSÄURE eingenommen hatte! Ich dumme Kuh! Das Kind…es würde krank sein, wegen Fohlsäuremangel! Ganz hektisch kaufte ich Folsäure und zog Dr. WWW zu Rate.
Dabei lernte ich, dass Fohlsäure in vielen Lebensmitteln enthalten ist und Tomaten gute Lieferanten sind. Schnell kam ich wieder zur Ruhe, denn ich hatte in den letzten Wochen ja Tomatenberge verschlungen.
Als ich bei einer weiteren Regelvorsorgeuntersuchung ein Werbepaket Vitamine für Schwangere zum Ausprobieren gereicht bekam, nahm ich das Präparat ein paar Tage brav ein und hatte keinen Appetit mehr auf Nichts. Da wurde mir klar: Das ist nicht gut und fütterte die Nahrungsergänzungsmittel dem Mülleimer. Die Ratgeber und Broschüren, die beim ersten Termin auch stapelweise mitbekommen hatte, warf ich auch alle weg. Und die ganzen Zusatz-Vorsorgeuntersuchungen wollte ich auch nicht.
Nachdem ich dann einfach meinem Appetit folgte und aß, was ich mochte, stellten sich auch keine Mangelerscheinungen ein. Ich aß Berge von Obst. Es schmeckte so gut wie nie. Ich mochte plötzlich auch Fleisch etwas lieber als sonst. Und ich trank ungewohnterweise Literweise Tee und Wasser.
Warum glauben die Ärzte, dass ein Jahrhunderte altes Erfolgsmodell in der heutigen Zeit nicht funktioniert?

Dann gab es noch lauter Sätze wie diese:

  1. Trag nicht so schwer! Der Beckenboden…den musst du auch nach der Geburt dringend trainieren! Nicht vergessen!
  2. Lass mich das besser machen!
  3. Streck dich besser nicht so nach oben, bei mir gab das damals….blablabla
  4. Zieh dich warm genug an, eine Blasenentzündung ist blöd in der Schwangerschaft!
  5. Wie, du fährst noch Fahrrad?
  6. Iss ja kein rohes Fleisch!
  7. Schlaf vor, solange du kannst.
  8. Ruh dich genug aus!

Wer weiß noch mehr solches Zeug?

Und dann gab es noch Sätze, wie:

  1. Wie, du trägst schon Umstandsmode?
  2. Du hast ja noch gar nicht zugenommen!
  3. Wieso hinkst du, du bist doch erst im 6. Monat?!
  4. Ach, Sie  fallen ja auf der Arbeit gar nicht aus!? Toll!
  5. Wie viele Mandarinen hast du jetzt gegessen? Die ganze Kiiiste???

Auch hier gibt es bestimmt Ergänzungen!

 

An sich war ich recht fit in der Schwangerschaft. Ich fuhr noch bis zum Schluss mit dem Fahrrad zur Arbeit, nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass ich die Gerüche der anderen Menschen in der Bahn nicht ertrug.
Ein Zipperlein gab es dann aber mit dem Rücken. Da begann ich bereits im 6. Monat ein Bein leicht nachzuziehen. Wenn ich mich unbeobachtet fühlte, hinkte ich vor mich hin und hielt mir den Rücken. Es kam mir selbst komisch vor. Aber so war es eben. Und während ich am Ende der Schwangerschaft umgeben war von anderen fitten Schwangeren, die im Stechschritt noch durch die Parks galoppierten, watschelte ich im klassischen Schwangerengang langsam hinterher. Ich fühlte mich schwerfällig wie nie. Ich kam per se nicht von der Stelle. Obwohl ich ganz ohne Bemühungen nur das Zugenommen hatte, was als gesund erachtet wird. Von hinten sah man mir die Schwangerschaft nicht an und doch hatte ich das Körpergefühl eines Wahlfisches auf dem Trockenen.

Ich ertrug schon im 4. Monat keine engen Gummibänder an Strumpfhosen mehr, oder gar meine normalen Hosen. Die passten noch alle, aber mein Bauch war super empfindlich. Ohne, dass für Außenstehende schon etwas erkennbar gewesen wäre, kleidete ich mich fortan in Schwangerschaftsleggings und Strickkleider. Die Gummis in den Strumpfhosen schnitt ich kaputt und später verstand ich ich nicht, wie andere Schwangere noch normale Jeanshosen tragen konnten, ohne das Gefühl zu haben in der Mitte durchgeschnitten zu werden.

Als der Bauch sich sichtbar rundete und ich die Bewegungen des Kindes deutlich spüren konnte, schwankte ich zwischen Faszination und Irritationen. Manchmal kam es mir vor, als wüchse ein Alien in mir heran. Da wurde mir bewusst, wie wahnsinnig genial die Natur ist. Da wächst so in einem drin was und verdrängt mal die Organe an andere Stellen und es zapft einem Nähstoffe und Energie ab. Eigentlich ein riesen Wahnsinn.

Die allgemeine Launenhaftigkeit vieler Schwangeren hatte ich auch. Ich heulte sehr viel. Wegen jedem Pups heulte ich los. Ich war so empfindsam. Manchmal auch in albernen Situationen.

Angst vor der Geburt hatte ich komischer Weise überhaupt nicht. Ich möchte sagen, die Blauäugigkeit sorgte für Entspannung.

Den Geburtsvorbereitungskurs, machte ich nur, weil mir die Hebamme dies nahelegte. Ich hatte antiquierte Vorstellungen von Hechelübungen mit Petziball.
So war es dann zum Glück nicht. Es gab zwar auch die ein oder andere Übung zur Entspannung und Tipps, wie man Wehen veratmen kann. Für mich entscheidend war auch, erklärt zu bekommen, wie sich das Kind in den und aus dem Geburtskanal hinaus drehen muss. Das fand ich persönlich sehr spannend und interessant.
Bei den Bildern zu möglichen Geburtspositionen fiel mir eine besonders auf, die ich für mich kategorisch ausschloss, da sie mir unpraktisch und sehr passiv erschien. Die Seitenlage. Dass ich mich unter der Geburt wie ein gestrandeter Wahl einfach nur noch in genau diese Position werfen würde, konnte ich ja nicht ahnen. 🙂

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