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...und was es sonst noch gibt seufz

Eine Woche zu fünft unterwegs mit dem Wohnwagen. Teil 3

Die Hochzeit

Wir quälten uns nach schon holprigem Start ab Bad Segeberg durch kleinere Staus und kamen in der Nähe des geplanten Festes mit dezenter Zeitverzögerung an. Der Herr Papa war etwas angestrengt und wollte genau wissen wo wir hin müssten. Einfach mal irgendwo wenden in den kleinen Straßen war mit dem Wohnwagen hinten dran nämlich nicht einfach möglich. Ich wusste hingegen nur, dass wir auf der richtigen Straße waren und wir nach einem alten Bauernhof mit neuer Scheune Ausschau halten mussten. Der Herr Papa fuhr für meinen Geschmack etwas zu zügig, er hingegen fand ich sei zu lahm.  Aus dem Augenwinkel sah ich schließlich eine schicke neue Scheune und dann auch schon eine mit Luftballons markierte Einfahrt. Wir waren vorbei. ☹️ Der Mann fluchte, ich war genervt, weil er so genervt war. Männer und Frauen beim Autofahren unter Zeitdruck und mangelnder Ortskenntnis sind keine günstige Kombination. Wir fanden eine nicht ganz legale Wendemöglichkeit und fuhren zurück. Es stellte sich dann heraus, dass es zwei Hofeinfahrten gab. Die geschmückte Einfahrt war mit einer Girlande abgesperrt. Dahinter war es ziemlich matschig und noch ein Stück weiter durch sah man zwei Traktoren mit Hänger. Ein Mann verteilte Hackschnipsel auf dem schlammigen Weg. Wir fuhren zur anderen Hofeinfahrt weiter und auf das Hofgelände drauf. Dort war es auch schlammig, aber man konnte fahren. Allerdings parkten einige Autos, die etwas anlieferten, für unser großes Gespann ungünstig. Wir kamen nicht um die Kurve. Ich stieg aus und suchte jemanden. Ein mir unbekannter Mann in Anzug half uns. Zusammen sperrten wir die Straße ab, damit der Wohnwagen gefahrlos auf die kleine Landstraße zurück gesetzt werden konnte. Unser Bus heulte laut, denn es ging leicht bergauf. Matsch spritzte in alle Richtungen. Wir versuchten ganz optimistisch die andere Einfahrt. Denn wir standen zu allem Überfluss auf der schmalen Landstraße auch ziemlich im Weg. Ich nahm die Absperrung ab. Aber sofort beim Einbiegen blieben unsere Vorderräder stecken. Rien ne va plus.
Ich lief erneut los, diesmal um einen Traktor zu organisieren, der uns wieder heraus zöge. Es begann leicht zu regnen. Meine Schuhe und Hosenbeine waren komplett verdreckt. Eine gute halbe Stunde Zeit blieb noch bis zur Trauung.
Irgendwie war aber niemand mehr zu sehen. Die Traktoren standen noch da mit laufendem Motor, aber kein Fahrer dazu. Die Kinder waren total begeistert und aufgedreht deswegen und krakelten im Auto herum. Da wir die Straße mit unserem Wohnwagen nun vollends blockierten, kuppelten wir diesen schließlich ab und schoben ihn von Hand so an den Straßenrand, dass andere Autos gefahrlos daran vorbei fahren konnten. Irgend jemand hatte aber dann auch schon dem Bauern Bescheid gegeben, der kam gefahren und zog uns dann rückwärts wieder heraus. Wir koppelten den Caravan wieder an. Der Herr Papa fuhr los, um wieder zu wenden. Wir hatten mittlerweile noch knapp 20 Minuten bis die Trauung in der Kirche in der nahegelegenen Ortschaft beginnen würde und trugen sozusagen noch Räuberzivil. Nass und schlammig. Nicht nachdenken. Weiter machen.
Wieder die andere Hofeinfahrt nehmend (die anderen Autos waren mittlerweile weg) zogen wir unseren Wagen auf eine wirklich riesige an sich sehr schöne aber auch patsch nasse Wiese in der Nähe der Scheune. Dort hatten auch schon viele andere Gäste ihre Zelte aufgeschlagen. Einige schon am Abend davor. Wir platzierten uns luftig dazwischen. Auf der Wiese lag eine Kabeltrommel. Wir hielten es für einen Service des Hauses, weil wir angekündigt hatten mit einem Wohnwagen zu kommen und schlossen unser Stromkabel dort an. Es fing richtig an zu schütten. Tick tack tick tack..…die Zeit….
Bis der Wohnwagen Standfestigkeit hatte, dauerte es auch nochmal einen Moment und dann zitierte ich alle IN den Wagen. Es war eng. Es war heiß. Es war feucht. Die nasse Wäsche überall störte enorm. Das Sirenchen zog sich netterweise brav und selbst ihr Dirndl an. Der Sohn trödelte und maulte und kam nicht in die Gänge. Der Herr Papa stellte fest, dass das für diesen Zweck gedachte Hemd einen Fleck hatte und das Ersatzhemd war ungebügelt. Die Zeit reichte jedoch nicht, um noch zu Bügeln. Abgesehen davon hatten wir auch keinen Platz dafür. Der Regen wurde noch stärker. Das Knöpfchen ließ sich nur schwer ankleiden und brauchte noch eine neue Windel. Ich schwitzte und meine Kleider klebten an mir fest. Ich hatte nichtmal Zeit in den Spiegel zu sehen. Geschweige denn mir die Haare hochzustecken und meinen Schmuck anzulegen. Umgezogen war ich auch noch nicht richtig. Wir hatten noch 5 Minuten. Pünktlich an der Kirche zu sein, war einfach nicht mehr zu schaffen. Der Regenschirm war auch nicht zu finden. Der Herr Papa überprüfte am Auto noch fix seine Fotoausrüstung auf Vollständigkeit, weil er eigentlich auch fotografieren sollte.

In diesem ganze Irrsinn klopfte es plötzlich an unsere Wohnwagentür. Ein aufgebrachter uns unbekannter Gast warf uns vor, seine Kabeltrommel genommen zu haben, die er dringend jetzt bräuchte. Und zudem stünden wir auf SEINEM Stellplatz. Hier stünde eigentlich sein Wohnmobil. Er war ziemlich unfreundlich und so hektisch, als hätten wir ihm den letzten Platz auf einem Rettungsboot genommen. Mann, hier geht kein Boot unter.

Zur Erinnerung: Wir parkten auf einer riiiiiiesen Wiese. Da hätten wer weiß wie viele Camper drauf gepasst….Kreuz und quer.

Haben so Profi-Camper eigentlich auch außerhalb eines parzellierten Campingplatzes Hoheitsansprüche?????

Viel wichtiger: Wir hätten alle schon in der Kirche sein müssen. Der Unbekannte ja auch. Und ich war noch nichtmal richtig angezogen! WTF?????WAS ZUM KUCKUCK WOLLTE DIESER MENSCH AUSGERECHNET JETZT….??

In solchen Momenten bin ich für so einen albernen Zirkus die falsche Ansprechpartnerin. Das ist ganz gefährlich. Mir lag ein  Heul doch! auf der Zunge. Ich hab´s runter geschluckt. Stattdessen sagte ich etwas schnippisch, es hätte nirgendwo RESERVIERT gestanden und DER MANN würde sich da kümmern. Dabei wies ich auf den Herrn Papa und schloss energisch die Wohnwagentür.

Hätte man das nicht NACH der Trauung klären können mit dem Strom? Und überhaupt?

Aber da ist mein Mann ja sensationell! Da regt der sich nicht groß auf. Er trug die Kabeltrommel ganz gelassen ohne viel Gerede zum anderen Wohnmobil und dann konnten sogar beide Fahrzeuge angeschlossen werden. Der aufgeregte andere Gast war beruhigt und konnte sich dann offenbar auch mit seiner neuen „Parzelle“ arrangieren.

Der Herr Papa kam schließlich nass geregnet mit durchsichtigem Hemd ins Auto geklettert.
Ich sagte mir: „Dann kommen wir halt jetzt zu spät zur Kirche. Sehen aus wie begossene Pudel…Schade, blöd. Ja sogar ärgerlich, aber einfach nicht mehr in unserer Gewalt.“
Der Herr Papa war dann jedoch ziemlich in Rage, weil einfach nichts funktionierte an diesem Tag. Wir fuhren wirklich mit quietschenden Reifen zur Kirche. Das arme Auto wurde durch den Ort geprügelt. Da man vor der Kirche nicht direkt parken konnte, mussten wir auch noch knapp 4 Minuten zu Fuß laufen. Im strömenden Regen. Ohne Schirm. Ich fluchte und schimpfte dann doch auch auf das Wetter und trieb die Kinder an zu rennen. Das Knöpfchen hatte ich mir unter den Arm geklemmt. Der Herr Papa schleppte seinen schweren Fotorucksack. Wir kamen zum einleitenden Orgelspiel in der Kirche an. Immerhin. Atemlos und noch nicht in der rechten Stimmung setzen wir uns nach ganz hinten um nicht zu stören. Ach Mensch. Was für ein blöder Start. In diesem Moment hatte ich überhaupt keine Lust mehr auf eine Feier. Und auf Camping auch nicht. Ich wäre am liebsten einfach nach Hause gefahren. Ich wollte was trockenes anziehen, was essen und trinken und ausruhen. Mir taten die Brautleute leid, die sich so viel Arbeit mit den Vorbereitungen gemacht hatten. Dieses besch…Wetter!

 

Während der Trauung kühlte ich langsam etwas runter. Das Sirenchen saß mit großen Augen neben mir und beobachtete alles ganz genau. Sie flüsterte mir zu, wo denn die „Brause“ sei. Damit meinte sie die Braut. 😀 Da musste ich wieder lachen.

Als der Festzug aus der Kirche trat, regnete es immer noch. Es war furchtbar. Der dort geplante Umtrunk wurde in die Scheune verlegt. Durch den Regen liefen wieder alle zu ihren Autos und fuhren zum Hof zurück.

Auf dem Hof winkte ich erstmal alle Kinder zum Wohnwagen. Ich verordnete Gummistiefel. Das Knöpfchen wollte aber per se die Lederschühchen anhalten und das Sirenchen die Gummistiefel ohne Socken! 😳 Ich ließ sie dann. Bitte schön! Macht doch was ihr wollt!
In der Scheune versammelten sich nach und nach alle. Es war ziemlich gemütlich, muss ich sagen. Es gab eine Bühne und eine Tanzfläche. Eine große Theke, die mit diversen Getränken aufwartete. Und rund herum standen alte Möbel aus dem alten Haupthaus. Ein bunter Mix aus alten Stühlen und kleinen Tischen. Kerzen brannten in mehrarmigen Leuchtern. Es war herrlich ungezwungen, rustikal und festlich.
Kellner verteilten Getränke. Es gab ein Kuchenbuffet. Nachdem sich alle ein bisschen gestärkt hatten, hörte der Regen netterweise auf. Das Gelände um die Scheune blieb natürlich matschig. Das machte diese Feier aber noch ungezwungener, als sie ohnehin geplant war. Die Leute trugen Anzüge mit umgekrempelten Hosenbeinen oder feine Kleider und waren beschuht mit Gummistiefel, Badelatschen, Turnschuhe oder waren barfuß. Es gab statt echtem Regen dann bunten Konfettiregen. Die unzähligen anwesenden Kinder freuten sich wie verrückt. Schließlich erklomm die Kinderschar einen großen Erdhügel neben der Scheune. Die kleinen Gäste gruben und buddelten mit Kinderspaten darin herum. Schließlich rutschten sie die steilere Seite des Hügels runter. Auf dem Hosenboden, in Festagskleidung. Es war ein riiiesen Spaß. Die Schuhe vom Knöpfchen waren irgendwann komplett durchnässt und verschlammt. Dann lief sie Barfuß weiter.

Die Kleider der Kinder Familienblog beatrice-confuss
So sahen die Sachen am nächsten Tag eingetrocknet aus. Die Waschmaschine hat nicht alle Flecken geschafft. Aber egal.

Die Gäste mischten sich gut und fröhlich. Schon alleine die unzähligen Kinder brachten Gesprächsstoff und man lernte so auch schneller die anderen Erwachsenen kennen. Und das waren viele. Ich habe noch im Ohr, dass es knapp 200 Gäste waren. Es gab viele lustige Gespräche und bald schon gab es warmes Essen, welches als Fingerfood gereicht wurde. Sehr sehr lecker. Und sehr angenehm, dass es immer automatisch an einem vorbei gelaufen kam. Man konnte also die Kinder beaufsichtigen und essen. Wie wunderbar, dass man nicht steif an Tischen sitzen musste. Ich fand´s herrlich und perfekt durchdacht.

Ab 20 Uhr spielte schließlich eine Cover Band live auf. Die Casino Royale Showband. Wer im Norddeutschen was zu feiern hat, dem kann ich die Truppe nur empfehlen! Vom ersten Lied an, war die Stimmung grandios! Es wurde wild und ausgiebig getanzt. Sensationell. Kinder und Erwachsene schwangen mit ihrem schlammigen Schuhwerk ausgelassen das Tanzbein. Es war wirklich wunderbar! Selten haben ich so viele Menschen unterschiedlicher Altersstruktur von Anfang an wild tanzen sehen. So stellt man sich eine ordentliche Feier vor.

 

Hochzeit Familienblog beatrice-confuss
Die Kinder schlossen neue Freundschaften, vertilgten Berge von Süßkram und tranken sich einen Apfelschorlenrausch. Die waren gut beschäftigt.

Das Sirenchen schloss Freundschaft mit einem Jungen. Nachdem sie zunächst ewig Fangen und Verstecken gespielt hatten, kamen die beiden in die Scheune, als die Musik loslegte. Das Sirenchen schnappte sich beherzt den Liebsten an die Hand und dann wurde geschwoft.

Sirenchen mit Freund Familienblog beatrice-confuss.de
Irgendwann gegen 23 Uhr wurden die Kinder aber wahnsinnig. Der irre Blick vom Sirenchen alarmierten mich. Dann rollt sie mit den Augen und stößt spitze Schreie aus. Ich trommelte also meine drei schnell zusammen und glücklicherweise wurden auch einige andere Kinder gerade in die Zelte geleitet. Somit hatte ich gute Argumente und konnte meine drei auch ins Bett bringen. Ich möchte behaupten, sie waren beinahe dankbar, als sie im Schlafanzug in ihrem Wohnwagen lagen. (Wie der Wohnwagen danach aussah, kann man sich vorstellen. Die Dreckklumpen und den Sand der Reise fand ich auch 2 Tage später immer noch vor der Waschmaschine. Jede neue Ladung brachte immer wieder neuen Dreck. :-D)
Ich las noch ein Kapitel Jim Knopf vor und da waren sie auch schon alle drei eingeschlafen. Ich entschwand wieder in die Scheune und wir feierten noch gute 2 Stunden kinderlos. Die Gäste waren und blieben ausgelassen. Das Brautpaar strahlte vor Glück und tanzte unermüdlich mit. Die Stimmung konnte besser nicht sein. Ich freute mich mit ihnen. Ein herrlicher Tag und trotz den holprigen Startes für uns das beste Fest seit langem!

An dieser Stelle möchte ich nochmals vielen Dank für die Einladung sagen. Danke, dass wir dabei sein durften!

Es wurde weiter getanzt und mit gesungen. Die Band leistete großartige Arbeit. Eigentlich hätte ich gerne noch länger gefeiert. Aber wir waren richtig müde und in Anbetracht, dass wir am nächsten Tag eine lange lange Autofahrt vor uns hatten, war es vernünftig gegen 2 ins Bett zu gehen. Man weiß ja auch nie, wann die Kinder wieder zum Leben erwachen. Die Musik hörte um halb 4 auf zu spielen.

Eine Antwort auf „Eine Woche zu fünft unterwegs mit dem Wohnwagen. Teil 3“

Liebe Beatrice Confuss,
toll und unterhaltsam geschrieben.
Ich kann mir gut vorstellen einen ganzen Roman von Dir /Euch zu lesen.
Viele Grüße

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