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Erziehung und Realität Es könnte so einfach sein

Der Sohn-ein nicht ganz alltägliches Kind

Der Sohn ist kein Durschschnittstyp. Kann man nicht sagen.

Nun fiel er nie durch ein aufmüpfiges Temperament auf. Das ist in diesem Hause eher Sache des weiblichen Geschlechts. In allen Alterskategorien. 😀

Der Sohn sitzt die stürmischen Ausbrüche seiner weiblichen Familienmitglieder gelassen aus. Auch ist er sehr einfühlsam und bemerkenswert umsichtig und geduldig, vor allem mit dem Knöpfchen. Es ist Herz erwärmend.
Auch andere Kinder, vor allem Jüngere, unterstützt er geduldig und freundlich, wenn er sieht, dass sie Hilfe brauchen.

Er ist unglaublich wissbegierig und was er wissen will, das hinterfragt er so lange und immer wieder, bis er alle ihm wichtigen Informationen zusammen hat. Und die behält er. Ich glaube in seinem letzten Leben war er Elefant.

Ein simples Rätselheftchen mit und über Wicky und die starken Männer bringt ihn hingegen zur Verzweiflung. Mich gleich mit. Manchmal möchte er darin etwas machen. Bereitwillige lese ich ihm die kurzen einfachen Aufgabenstellungen vor. Im Grunde könnte man die Aufgabe auch selbst erkennen. Aber ich muss sie vorlesen. Ordnung muss sein. Und dann geht´s los. Die Aufgabenstellung wird hinterfragt. Ich muss sie dann in allen mir möglichen Variationen nochmal wiederholen. Dann wird die Aufgabe hinterfragt. Um es kurz zu machen, diese Pipifax Aufgaben sind, glaube ich, so simpel, dass sich dem Sohn der Sinn dahinter nicht erschließt und er nach der Herausforderung sucht. Aber weiter kommen wir nicht. Er schmeißt zumeist wütend den Stift durch die Gegend. Ich habe das Rätselheft jetzt versteckt. 😀

Auch schon ein paar mal beschrieben, er ist sehr stoisch. Wenn er etwas nicht will, beißt man sich die Zähne aus. Es sei denn man hat verdammt gute Argumente. Bestechen kann man ihn fast nie. Das ist einerseits sehr gut, aber manchmal auch schwierig. Er protestiert selten laut. Dafür aber nachhaltig.

In letzter Zeit tut er sich wieder vermehrt schwerer mit alltagspraktischen Dingen. Die Beschreibung zerstreuter Professor trifft es exakt. Als Beispiel: Neulich holte er ein Hemd und einen Pullunder aus dem Schrank. (Wenn wir Freunde besuchen macht er sich immer extra schick! und malt Bilder für die anderen Kinder. (Das Mamaherz, es schmilzt)).
Jedenfalls hatte er sich zuerst umständlich den Pullunder angezogen und dann das Hemd. Es gestaltete sich als knifflig. Er fragte, ob ich ihm helfen könne. Und ich merkte an, dass er besser zuerst das Hemd anzöge und DANN den Pullunder. Er fragte komplett entgeistert warum. 😀
Ja warum eigentlich? In diesem Fall auf jeden Fall, damit sich das ohnehin etwas zu knappe Hemd besser anziehen ließe.
Seufzend zog er sich nochmal um. Aber das auch nur, weil wir eingeladen waren. Ansonsten hätte er den Pullunder ohne Hemd angelassen. 😀
Auch übersieht er gerne mal Dinge, obgleich sie direkt VOR ihm liegen. Klassische Aussage am Morgen: Mama, ich finde kein Unterhemd. Dabei sind die in einer Kiste zusammen mit den Unterhosen und manchmal muss man einfach mal mit einer Hand in der Kiste wühlen und findet was man braucht. Der Sohn hockt aber vor der Kiste und guckt überall hin nur nicht in die Kiste und ohne auch nur einen Finger zu rühren. Wenn ich dann gelaufen komme, klappt es plötzlich.

Dinge, die ihm unwichtig erscheinen, macht er generell ungern selbst. Wozu die Anstrengung, wenn es auch jemand anderes machen kann?

Gestern nachmittag wollte er mir aus Lego einen Kölner Dom bauen. Wir gingen ins Kinderzimmer. Dort lag noch ein großflächiges Holzeisenbahnstreckensytem nebst drei Kisten mit Bauklötzen und Schienen. Ich schlug vor, dass er das ganze Wirrwarr ersteinmal aufräumen sollte, damit Platz für´s Lego sei. Er murrte ein wenig, fing dann aber für seine Verhältnisse beherzt an. Dann ging es aber ans Kisten weg räumen. Die Kisten mit den Baumaterialien stehen übereinander gestapelt in einer Ecke. Der Sohn zog auf mein Geheiß hin zunächst die Legokisten hervor, damit er bequemer die drei nun nicht mehr gebrauchten Kisten mit dem Holzzeug weg räumen könnte. Er maulte los:
Uaaaauaaa, ALLES muss ICH machen! Uhhhhuhhhhuhhhuuuu!

Es kam so überzeugend in der Darbietung, dass ich kurz zusammen zuckte und dachte: Das arme Kind.
Dann aber berappelte ich mich und lachte. Ich versuchte ihn mit dem logischen Schluss, dass das schnell gemacht und dann richtig Platz zum Lego-Bauen da sei, zu motivieren.
ALLES muss ich machen. Heul.
Da fragte ich: „Räumst du die Spülmaschine ein? Räumst du die Spülmaschine aus? Putzt du das Bad? Machst du die Waschmaschine an? Hängst du die Wäsche auf? Räumst du die Wäsche weg? Staubsaugst du? Kochst du? Gehts du einkaufen? Räumst du das Wohnzimmer auf? Mähst du den Rasen?“ etc pp.
Ich zählte alles auf, was mir so einfiel und er schüttelte immer den Kopf und sein Grinsen wurde immer breiter.

Da räumte der Sohn richtig flott die drei Kisten in die Ecke und hatte Platz zum Bauen.

Bin ich froh, dass ich die passenden Argumente hatte. Und davon gleich so viele.

Dennoch: Es ist schon bekannt, dass kleine simple Aufgaben, die einfach nur ein bisschen Fleiß und Durchhaltevermögen verlangen, äußerst ungern erledigt werden.

Als Abschluss ein Lied, dass wahrscheinlich zumindest Inhaltlich zu seinem Lieblingslied werden könnte.

4 Antworten auf „Der Sohn-ein nicht ganz alltägliches Kind“

Was für liebenswerte, putzige Eigenschaften! Ich bin verzückt!

(Sollte die Unterforderung bei altersgemäßen Aufgaben anhalten, könntet ihr mal überlegen, auf Hochbegabung testen zu lassen. Das dauernde Hinterfragen und Einfordern logischer Argumente klingt etwas danach 🙂 )

😀 Ja, der Sohn ist ein Schätzchen!
Hochbegabung… Wir beobachten das in Ruhe und warten mal ab wie es sich nächstes Jahr in der Schule gestaltet. Solange er gut zurecht kommt und alles gut läuft, möchte ich ungern eine Schublade aufmachen. Aber klar, daran muss man auch denken.
Es klingt so, als kennst du dich aus?

Vorher würde ich mir da an eurer Stelle keine Gedanken machen 🙂
Ich bin Lehramtstudentin und in einem Psychologieseminar wurde bei uns auch Hochbegabungdiagnostik thematisiert. Außerdem habe ich ein paar hochbegabte Freunde und vermute, dass ich möglicherweise auch hochbegabt sein könnte. Es gibt einige Indizien, aber schlussendlich müsste ich mich testen lassen, nur scheue ich etwas das Ergebnis und es wäre für meine aktuelle Lebenssituation ohnehin nicht mehr relevant ^^ Aber unentdeckte Hochbegabung kann in der Schulzeit für den*die Betroffenen teilweise sehr frustrierend sein. Ich erinne mich z.B. daran, während der Schulzeit permanent unterfordert gewesen zu sein. Gleichzeitig will man sich als Grundschulkind lieber anpassen und zur Gruppe gehören und unterdrückt vielleicht eher die eigenen Interessen und Neigungen, wenn diese nicht die nötige Anerkennung erhalten. Das wird in der Schulzeit für das Elternhaus schwerer zu händeln, weil die Peergroup immer mehr an Relevanz gewinnt. Ich wäre mit einer Förderung meines Potentials in jedem Fall glücklicher geworden und fiel stattdessen sehr auf die Schnauze, als ich dann auf dem Gymnasium plötzlich lernen musste (Vokabeln und Grammatikformen müssen eben eher gepaukt werden und bleiben nicht mehr nebenbei beim Zuhören im Unterricht hängen), ich aber zuvor aufgrund dauernder Unterforderung auch immer unkonzentrierter und unmotivierter wurde. Meine Schullaufbahn lief nicht sehr gerade ab, worunter ich in der Schulzeit auch sehr litt, und es hätte mit einem engagierteren Elternhaus und aufmerksameren Lehrkräften verhindert werden können. Vielleicht bin ich da auch etwas vorschnell und gerade aus der Ferne und anhand eines Blogartikels lässt sich da nichts sagen. Zumal ich auch nicht von Fach bin, sondern nur rudimentäres Wissen

Vielleicht ist das bei ihm alles nicht der Fall. Aber sollte er sich in der Schule später aufgrund von Unterforderung langweilen, etc. könnt ihr das ja mal im Hinterkopf haben 🙂

Wie gesagt, ich denke auch, erstmal abwarten.

Du hast ja auch eine holprige Zeit hinter dir in der Schule. Das geht ja irgendwie Vielen so, ganz unabhängig davon ob man hochbegabt ist oder nicht.

Das Bildungssystem ist leider sehr verpappt an vielen Stellen. Das merkst du spätestens nach dem Referendariat. 😀

LG

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