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Neues vom wilden Mädchen (Sirenchen)

Habe ich ein High Need Kind?

Frida vom Blog 2Kind Chaos hat sich jüngst die Mühe gemacht und von Dr. William Sears die 12 Kriterien für High Need Kinder zu übersetzen und aufzulisten. Bei 10 von 12 Punkten musste ich heftig nicken, wenn ich an mein Sirenchen denke. Nicht umsonst habe ich auf diesem Blog ja die Kategorie: Neues vom Sirenchen. Ob sie tatsächlich ein High Need Kind ist oder nicht, ist mir eigentlich egal. Meine Einordnung war immer: Kein Anfängerkind.

Zufälligerweise sprachen meine Mutter, meine Oma und ich neulich noch über die Anfänge mit 2 Kindern. Von Oma und Uroma wurde heftig beteuert, dass das Sirenchen vor allem am Anfang ja extrem anstrengend gewesen wäre. Und auch noch immer ist. Und sie sei viel „schlimmer“ als ich es als Kind gewesen sei. (Irgendwoher muss das Kind das ja haben. :-D) Und der Mann beteuerte auch nochmal, dass der Anfang mit dem Sirenchen alles andere als lustig gewesen wäre. Allein diese ständige Lärmbelästigung….

Obwohl mir immer klar war, dass ich mit ihr schon immer stramm zu tun hatte, habe ich vieles vom Anfang verdrängt.

Das Sirenchen kam 18 Monate nach dem Sohn zur Welt. Der Sohn ist auch kein alltäglicher Vogel, aber ein ruhiger Vertreter. Er machte es mir unter den Bedingungen leicht mit dem kleinen Donnervögelchen (Sirenchen) und ihm durch den Alltag zu kommen.

Zwei Kinder in knappem Abstand sind immer eine Aufgabe unter verschärften Bedingungen und das Sirenchen forderte von Minute 1 an.  Ich hab tatsächlich nie gedacht: „ Ich mache irgendwas falsch.“ Ich habe nur gedacht: „Mann, die kann sich doch unmöglich schon wieder so aufregen!?“ oder: “Ich weiß, ich weiß, aber es geht jetzt nicht anders. Da müssen wir alle jetzt durch! Ich bin alleine mit euch beiden Kindern. Was soll ich machen?“

Das Sirenchen schrie von Anfang an sehr viel und sehr laut. Sehr laut!
Ich konnte sie auch nur selbst beruhigen. Wenn überhaupt. Bei ihrem Vater schrie sie auf dem Arm und bei anderen Leuten erst recht. Es reichte schon, wenn ich sie auf dem Arm hatte und die Oma (die keine unbekannte Person war) kam zur Tür herein und sah das Sirenchen freundlich an. Das Sirenchen schrie, wie ne Alarmanlage. Wenn nun Leute kamen, die wir seltener sahen, ging es gar nicht. Da reichte eine fremde Stimme. Am besten also beachteten andere Leute das Kind gar nicht und ich schleppte es pausenlos am Leib.

Abends schrie das Kind auch. Augenscheinlich furchtbar müde, schrie sie, fand aber nicht zur Ruhe. Das Abendritual sah so aus: Das Sirenchen im Tragetuch bei mir oder fest in eine Decke gewickelt in der Babywippe oder oder oder. Die Vorlieben änderten sich ständig. Ich machte den geduldigen Sohn bettfertig. Dann packte ich das müde Sirenchen auf den Wickeltisch und machte dem hytersich schreienden Kind eine frische Windel. Ich versuchte es u.a. mit singen und fand schließlich ein Lied, das sie mochte und ruhiger werden ließ. Aber ganz ruhig und zufrieden war sie dann trotzdem nicht. Nach einigem Rumprobieren half es schließlich das Kind zu pucken, den Schnuller zu reichen, ein getragenes T-Shirt von mir dazu zum Kuscheln und dann musste ich das Kind schuckeln. Hin und her tigerte ich mit dem so präparierten Kind. Dabei beruhigte sie sich recht zügig (binnen 60 Minuten :-D) und dann konnte ich sie so auch ins Bettchen legen. Dann schlief sie und ich konnte etwas später die Puckdecke öffnen.
Der Sohn lag dann zumeist selbst schon im Bett oder war noch wach und wartete geduldig, bis die Mama für ihn da sein konnte. Oft jedenfalls. Er sah sich zum Glück sehr gerne Bücher an. Der arme Kerl hatte eine Zeitlang kein gemütliches Abendritual mit Mama.

Ich weiß eigentlich auch nicht, wie ich die Abende überlebt habe, wenn beide geweint haben. Man vergisst so schnell…..neben dem: Ich funktioniere wie ein Roboter und mache alles so gut ich eben kann, habe ich auch oft geweint.
Versöhnlich war, dass die Kinder meistens gut schliefen, wenn sie endlich zur Ruhe gefunden hatten. (Ausnahme Phasen gab es bei allen Kindern). Das war für mich eine ganz wichtige Zeit, um Luft zu holen. Das Sirenchen schläft bis heute zu nachts, wenn sie schläft, sehr tief. Aber sie braucht von allen auch den wenigsten Schlaf. Von jetzt auf gleich ist sie wach. Taadaaa.
Mal mit guter Laune. Mal mit schlechter Laune. Letzteres ist mein persönlicher Alptraum. Schon morgens Theater ohne zu wissen warum….puuuuh.

Tagsüber schlief das Sirenchen wenig. Mittags wollte sie die erste Zeit per se immer auf meinem Arm sein. Ich durfte mich aber freundlicherweise dabei hinsetzen. Allerdings auch nicht auf die Couch. Ich fand in der Küche auf einem Stuhl mit hochgelegten Beinen eine Position, die das Sirenchen akzeptierte. Ich stellte mir einen Kaffe, etwas zu Essen und Lesestoff zurecht. Dann stillte ich sie und trank dann meinen Kaffe. So machte ich meine Pause mit dem friedlich dösenden Baby, während der Sohn einen Mittagsschlaf in seinem Bett machte.
Ich hätte mich jedoch oft sehr gerne selbst hingelegt. Vorallem, als ich 10 Monate später das dritte Mal schwanger war. Als das dritte Kind auf der Welt war, schlief das Sirenchen dann aber tatsächlich mittags auch in ihrem Bett. Aber dann war das Knöpfchen wach.

Was als Tagesschläfen aber immer gut ging mit dem Sirenchen war der Kinderwagen. Das kann man nicht anders sagen. Voraussetzung war allerdings: Der Wagen MUSSTE in Bewegung sein. Gleichmäßig. Und am besten ausschließlich vorwärts rollend. Alles andere führte zu Erwachen. Somit versuchte ich etwas längere Wege zu laufen, die der Sohn auch spannend fand. Er saß Anfangs ja auch meistens noch im Kinderwagen.

Wenn wir irgendwo eingeladen waren, auf Festen mit ein bisschen Trubel, musste ich das Sirenchen im Tragetuch haben. (Wobei, das galt für alle drei Kinder). Ich erinnere mich an Restaurantbesuche (wir waren eingeladen, freiwillig hätte ich es nicht gemacht), da stand ich die ganze Zeit in einer Ecke und schaukelte von einem Bein auf´s andere, damit das Kind nicht schrie. Ich aß mein Essen im Stehen, nur Häppchenweise und kalt. Ich konnte mich mit niemandem unterhalten, weil ich obendrein die ganze Zeit leise zur Beruhigung summte. Ich hätte eigentlich auch direkt zu Hause bleiben können. Das wäre für mich und das Kind angenehmer gewesen.
Natürlich wollte man mir das Kind gerne abnehmen, damit ich essen konnte. Aber das ließ das Kind, wenn überhaupt nur kurz zu, solange es nicht realisierte was los war oder war danach dermaßen sauer, dass es wieder schrie wie abgestochen. Ich glaube einige hielten mich in dieser Zeit für eine spinnerte und überbehütende Glucke.
Mir war das egal. Denn: ICH allein musste ja den Sirenen-Zorn ausbaden, spätestens wenn wir zu Hause waren.

Besonders kompliziert fand ich dann, wenn der Sohn mich brauchte, aber das Sirenchen sich nicht abgeben/ablegen ließ.
Ich war in dem ersten Jahr mit den beiden echt oft innerlich gehetzt und gestresst und extrem gefordert. Ja auch überfordert.

Autofahren ging auch nicht gut. Der Sohn war schon ein unruhiger Beifahrer gewesen und das Sirenchen schaffte es mal auf einer Autofahrt nach Frankreich 3 Stunden non stop zu schreien. Als wir soweit waren einfach eine Zwischenübernachtung einzulegen, schlief sie endlich ein. Einmal standen wir im Stau und sie kollabierte fast vor Schreien in ihrem Sitz. Ich habe sie dann einfach da raus gegflückt und gestillt. Alles war besser, als das Geschrei. Und das arme Kind tat mir natürlich auch Leid.

Als das dritte Kind dann da war, kam meine Mama regelmäßig zweimal die Woche. Es war sonst nicht zu schaffen, den Haushalt, das Stillkind, das fordernde Sirenchen und der Sohn im Kindergarten. Den musste ich ja bringen und abholen. Der Tag war stramm getaktet. Eine Oma als zusätzliche Betreuungsperson war Gold wert. Und stressig genug war es immer noch. Eine Woche hat nunmal 7 Tage. 2 Tage half die Oma. Am Wochenende war der Herr Papa mit da. Aber wenn sich das Kind, das am meisten Mama fordert nicht an den Papa weiter geben lässt, so bleibt man unter „Beschuss“. Pause =Fehlanzeige.

Das Sirenchen fordert auch heute noch extrem. Sie fordert maximale Beachtung. Es ist besser geworden, weil sie zwei Geschwister hat, die sie eben auch fordern kann. Bzw die sie auch ablenken. Unter Umständen wird sie durch die geteilte Aufmerksamkeit durch die Geschwister aber auch noch fordernder mir gegenüber. Ich glaube es ist so eine Mischung, die Vor- und Nachteile hat.
Insgesamt weiß ich sie jeden Tag ein Stückchen besser zu nehmen. Die ganz üblen Aussetzer kann ich mittlerweile gut umschiffen. Aber es bleibt anstrengend. Vorallem, weil sie so laut ist.
Das Kind braucht von allem viel.

Aber das macht sie aus. So fühlt sie auch viel. Ich habe es schon einige Male beschrieben. Sie lebt und fühlt intensiv. Sie hat immer Energie und Power.
Sie ist laut. Sie ist lebhaft. Das Sirenchen ist einfach eine Wucht.
Ich möchte sie auf keinen Fall eintauschen, auch wenn sie mir viel abverlangt. Sie macht im Gegenzug auch sehr viel Freude.

5 Antworten auf „Habe ich ein High Need Kind?“

Frau Confuß,

das hast Du sehr schön geschrieben – ich kann diese Gehetztheit und das innerlich immer auf der Hut sein, gut nachvollziehen; ich fühlte mich gerade sehr zurückversetzt in unser letztes Jahr. 2 oder 3 Kinder zu hüten ist tatsächlich ein ganz anderer Schnack als ’nur‘ ein Kind zu betreuen. Wenn sich die Kinderanzahl verdoppelt, heißt das nicht, dass es ’nur‘ doppelt so anstrengend wird; es potenziert sich, habe ich das Gefühl. Zumindest ging es mir so mit meinen beiden Muckligen. Schön zu lesen, dass Du, wie ich, auch die Oma hast, die Dich so toll unterstützt hat! 1-2 Mal die Woche die Gewissheit zu haben, dass man entlastet wird, und nicht täglich an seine Grenze kommt, war das schönste Geschenk, das mir meine Maam machen konnte. Ein Segen, dass wir alle zumindest so nah beieinander wohnen, dass man mal eben rüberfahren konnte, wenn’s denn brannte. Viele Familien leben ja sehr weit auseinander, da ist das gar nicht möglich.

Ja, das Sirenchen ist ne Wumme, ’ne ordentliche Wumme – sie kommt fast (!) ganz nach Dir. Aber Ihr seid, trotz, dass Ihr Euch so ähnlich seid, oder vielleicht genau darum(?) eine ganz enge, tolle Einheit!

PS: High need und attachment parenting usw. – ich wusste ehrlich gesagt ziemlich lange nicht, was diese Ausdrücke sagen sollen. Ich komme wie Du auch gut ohne sie zurecht.

😀
Ja, ohne meine Mama wäre ich wahrscheinlich irgendwann aus dem Fenster gesprungen.(sinnbildlich) 😀

Auch ne Wumme hat keine endlose Energie. 😀

So schön geschrieben, ich kann mit dir mitfühlen, dass es manchmal einem echt an die Grenzen bringen kann mit drei Kindern.
Bei uns ist es die Kleinste, die nur bei Mama sein kann. Jeden Dienstag, wenn ich für eine Stunde in meinen Pilates Kurs gehe schreit sie bei Papa eine Stunde durch. Manchmal so heftig, dass sie sich übergeben muss. Das ist hart. Für mich, das Baby und alle andern. Vielleicht bin ich eine schlimme Mutter, weil ich trotzdem geh. Ich weiss es nicht, aber ich brauch diese eine Stunde für mich einfach ganz dringend.
Dicker Herzknuddel von mir!

Danke dir. 🙂 Oh je, mit einem Kind, das sich übergibt vor Rage ist ja auch furchtbar. Aber die eine Stunde für dich, ist schon wichtig. Irgendwo muss der Tank ja aufgeladen werden. Ich bin davon überzeugt, dass die Kinder es verzeihen, wenn man auch mal nach dem eigenen Bedürfnis handelt. Es hat ja keiner was davon, wenn man sich komplett aufraucht. Ein Hoch auf alle Mamas und den härtesten aber auch schönsten Job dieser Welt!

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