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Es könnte so einfach sein

Vom 1. Babyjahr, Durststrecken und Beziehungspflege

Im Geburtstvorbeitungskurs hörte man, dass sich die meisten Paare, wenn sie sich denn trennen, dies im ersten Jahr mit Baby tun. Manch einer meinte zu wissen, dies geschehe im ersten Jahr mit 2 Kindern.
Ich lernte zwei Frauen kennen, die sich wirklich im ersten Jahr mit dem ersten Baby von ihren Partnern trennten.
Das waren aber Ausnahmen.
Von den älteren Generationen hörte ich nicht viel. Außer mal so schwammige Aussagen wie: „Vergiss den Mann nicht.“ Aha. Was soll das heißen? Und ich frage mich: Was ist mit den Frauen?

Und wieso spricht kaum jemand über die Probleme, die man so hat als frisch gebackene Eltern? Im Elternblog-Universum, da erfährt man schon mal was.

z. B. hier bei Du und dein Kind. und hier: Freya- die Mutti bloggt  und hier: neverlookedsobeautiful.

und hier: Mami Rocks.

Außerdem gibt es als Ergänzung eine tolle Reihe auf dem Blog Kindheit in Bewegung. Schaut unbedingt mal rüber! Familien in der Krise.

Aber ansonsten, so von Angesicht zu Angesicht? Es reden alle über Geburtsvorbereitung. Aber keiner wirklich über Elternprobleme im ersten Jahr/den ersten Jahren. Im Idealfall klappt ja auch alles.

Aber, wenn es nicht klappt wie in der rosaroten Traumblase?

Man weiß ja eigentlich sehr genau, wie der Partner so grundsätzlich tickt. Die Marotten vom Mann und auch von der Frau bleiben erhalten. Auch nachdem ein Kind geboren wurde. Die getragen Socken vom Mann liegen da, wo sie schon immer lagen. (Überall.) Und die Krimskrams Sammlung der Frau (in meinem Fall Bastelzeug und was man noch so alles nochmal brauchen könnte) stapelt sich auch weiterhin im gleichen Regal. Es fällt einem nur vermehrt auf.
Leidenschaften und Vorlieben bleiben auch. Nur….es liegt plötzlich alles etwas brach. Vor allem auch körperliche Nähe.
Die Unordnung wird mehr, weil es niemand wegräumt. Der Mann ist unter Umständen nach wie vor der Meinung es gäbe einen „Magic Coffetable“ (Alles was Mann darauf stellt verschwindet von selbst) oder gar das „Magic-House“ und die Frau blickt gequält über das Chaos, weil sie es im neuen Mama-Modus einfach nicht gebacken kriegt, ihre „Magic-Skills“ einzusetzen.
Ferner glaubt sie, der Mann könne da mal Hand anlegen. Der Mann hingegen versteht nicht, wieso die Bude so aussieht, obwohl die Frau den ganzen Tag zu Hause ist.

Mama bleibt gefühlt einsam aber natürlich mit dem Kind zu Hause zurück. Das Kind braucht einen rund um die Uhr und es ist auch unglaublich schön. Man kann sich auch mal mit jemandem Treffen. Aber das Sozialleben ist in den ersten Jahren mit Kindern doch etwas beschnitten. Und selbst wenn man es gerne annimmt und ok findet, so gibt es einsame Momente. Vorallem, wenn man davor gewohnt war jeden Tag mit Menschen zu arbeiten.
Ich will auch nicht wissen wie viele Freunde einem die mangelnde Flexibilität und das „mangelnde Engagement“ hinsichtlich irgendwelcher Treffen oder Telefonate übel nehmen.

Die Mama sitzt also in der Baby-Alltags-Blase mehr oder weniger allein. Und der Mann geht auf die Arbeit. Er verlässt am Morgen das Haus und trifft Menschen. Er kann auch leichter Treffen mit Freunden wahrnehmen. Er muss ja nicht stillen oder das Treffen kindgerecht wählen oder einen Babysitter organisieren. Oder oder oder.

Was man als Frau dabei nicht auf dem Schirm hat ist, dass der Mann auch so seine Problemchen hat mit der neuen Situation. Plötzlich ist Mann so „weichgespühlt“. So voller Liebe. So auf „to project the family“ eingestellt. Der Mann hat Schutz-Gedanken und Absicherungspläne für die Zukunft der Familie.

Die Frau arbeitet am täglichen Überleben, dem Selbsterhalt und daran die Brut aus dem Gröbsten heraus zu bekommen. Alles andere kann warten. Wenn man den Alltag schafft, schafft man auch die Versorgung in der Zukunft. Irgendwie. Denkt Frau.

Auch ist es in den meisten Fällen so, dass sich der Mann äußerlich nicht wirklich verändert. Wenn man von Co-Schwangerschaften absieht. 😉 Pflegezustand und Kleidungsstiel bleiben beim Mann erhalten.
Bei den Frauen stellen sich körperliche Veränderungen automatisch ein. Man wird erst aufgepustet und dann wird die Luft wieder abgelassen. Und selbst wenn man sein altes Gewicht wieder erlangt…so ein klitze kleines bisschen verändert sich die Figur dann doch. Manche Sachen passen einfach nicht mehr oder sind unbequem. Und gerade am Anfang fühlt man sich sehr deformiert und üppig. Man kommt nicht dazu in Ruhe zu duschen, sich die Haare zu machen oder was man sonst so zu tun pflegte. Die Frau, die Mann sich einst ausgesucht hatte, ist erstmal von der Bildfläche verschwunden. Optisch gibt es da Veränderungen und im Wesen auch erstmal. Dass sich alles wieder einpendelten wird, sieht man in der Situation selbst nicht.

Da kann es durchaus zu Konflikten kommen.

Schließlich kommt das Liebesleben auch noch ins Stolpern. Vor allem Müdigkeit, eventuelle Selbstzweifel wegen der „neuen„ Figur auch kleine und große Sorgen im Eltern-Alltag und die wenigen Zeitfenster sorgen nicht unbedingt für ein schwungvolles Zusammenkommen. Es liegt hier und da auch einfach mal brach. Das kann zu Frust führen. Auf beiden Seiten.
Aber auch das spielt sich wieder ein.

In unserem Fall  holperte und polterte und ruckelte es die ersten Monate recht gewaltig. Hier war nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen.
Wir haben aber die Kurve und noch zwei Kinder bekommen. 😀 Nicht zuletzt durch viele Gespräche. Also die Kurve, die Kinder….das ging anders. 😀

Unsere Redezeit haben wir uns so schnell es ging zurück erobert.

Den Spruch: „Vergiss den Mann nicht.“, würde ich rückblickend so bewerten: Wenn Frau denkt, der Mann führe sein Leben wie gehabt weiter (was er äußerlich betrachtet auch tut), so hat er innendrin aber auch ein paar Brocken zu verdauen. Und steht hier und da auf dem, nennen wir es: Wartegleis.

Es gilt für beide Seiten einfach immer miteinander im Gespräch zu bleiben.

Im Vorfeld kann man auch mit Fantasie und Ideen, vor allem für die sexuellen Durststrecken in der erste Babyzeit, vorsorgen.

Um es mit den Worten des Mannes zu sagen:
Die gemeinsamen Vorlieben und Interessen im Vorfeld bedenken und sich gemeinsam etwas vorbereiten. Texte, Geschichten, erotische Bilder, selbst gedrehte Videos, Tonaufnahmen, was auch immer gefällt….es gibt da Möglichkeiten gemeinsam oder füreinander etwas zu schaffen, worauf man dann zurück greift, bei Bedarf.

 

Um es mit meinen Worten zu sagen:

Den anderen auch in der neuen Situation annehmen, die Veränderungen akzeptieren und den Partner einfach mit neuen Facetten kennen lernen. Das Leben ist nicht statisch. Und Menschen auch nicht. Und so kann aus einer ungewohnten neuen Situation auch etwas Neues wachsen. Wenn man sich von den eigenen Vorstellungen und fixen Ideen befreit, findet man oft ganz andere Wege, als gedacht.

 

 

 

10 Antworten auf „Vom 1. Babyjahr, Durststrecken und Beziehungspflege“

Was für ein schöner Artikel. Beim ersten Kind war es am schlimmsten, da dachten wir beide nicht, dass unsere Beziehung weiter geht. Aber auch wir schafften es, wie der zu sprechen und auch zwei weitere Kinder zu bekommen 😉.
Stimmt, warum spricht eigentlich kaum einer darüber?

Danke. 🙂 Ja, das erste Kind ist die größte Umstellung. Aber auch die weiteren Kinder brachten nochmal alles ein bisschen aus dem Gleichgewicht. Irgendwie ist man dann aber darauf vorbereitet und wurschtelt sich schneller durch.

Das hast du so schön geschrieben: das Leben ist nicht statisch und aus Neuem kann auch Neues wachsen! Ich glaube die meisten reden nicht drüber, weil man immer noch das heile Familienbild transportieren will, das Baby ist ja meist immer die Krönung der Liebe und das größte Glück etc. Viele wollen eben diesem Bild gerecht werden oder stehen sogar mächtig unter Druck, weil es eben keiner ausspricht und sie denken, sie seien die einzigen,bei denen es so ist. Dabei machen das ALLE durch. Da lege ich meine Hand ins Feuer! 😉 Liebste Grüße!

Ich glaube, es ist immer eine Herausforderung wenn sich die Familienzusammenstellung ändert. Bei uns war auch das erste Kind die größte Verschiebung im Familiengefüge. Es brauchte schon Durchhaltevermögen, damit sich alles weiterentwickeln konnte.

Danke für deinen offenen Artikel. Es macht viel Spaß bei dir zu lesen.

viele Grüße
Carola

[…] Als Neumama und Neupapa ist es nicht leicht. Plötzlich ist da ein kleines Baby und Mama und Papa sind nicht mehr nur ein Paar, sondern eine Familie. Beatrice Confuss hat sich in ihrem Text von der Seele geschrieben, was anscheinend nirgends wirklich geschrieben steht. Nämlich, dass die Partnerschaft manchmal auf der Strecke bleibt, weil neue Prioritäten dazukommen und das Baby plötzlich der Nabel der Welt ist. […]

Liebe Beatrice, wie schön und nüchtern Du die Ursprünge von so mancher Paarkrise auf den Punkt bringst. Es ist wie sich selbst den Spiegel vorhalten und ein Plädoyer für mehr Verständnis gegenüber dem anderen.
Recht herzlichen Dank auch für die Verlinkung.
Liebe Grüße, Verena

[…] Im Geburtstvorbeitungskurs hörte man, dass sich die meisten Paare, wenn sie sich denn trennen, dies im ersten Jahr mit Baby tun. Manch einer meinte zu wissen, dies geschehe im ersten Jahr mit 2 Kindern. Ich lernte zwei Frauen kennen, die sich wirklich im ersten Jahr mit dem ersten Baby von ihren Partnern trennten. Das waren aber Ausnahmen. Von den älteren Generationen hörte ich nicht viel. Außer mal so schwammige Aussagen wie: „Vergiss den Mann nicht.“ Aha. Was soll das heißen? Und ich frage mich: Was ist mit den Frauen? Weiterlesen […]

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