Am Montag war das Wetter schön. Der erste Kinderagrtenferientag hatte gemütlich begonnen. Die Kinder und ich buddelten ab Mittags im Garten. Der Mann war unterwegs um Zutaten für eine Schaukel zu besorgen. Es soll jetzt doch eine kleine Kletter- und Schaukelmöglichkeit installiert werden.
Als ich in einer Ecke ein wenig die alles überwuchernden Zaunwinden ausrupfte, tippelte plötzlich ein kleiner Igel durch unser kleines Wilderdbeerfeld. Ich hatte ihn wohl aufgescheucht. Die Kinder und ich beobachteten ihn verzückt. Er bahnte sich seinen Weg gemächlich bis ins nächste Blumenbett und blieb auf einer lichten Stelle in der Sonne liegen.
Das schien mir merkwürdig. Ich hätte erwartet, dass er sich versteckt. Und einen Igel hatte ich so aus nächster Nähe noch nie gesehen. Ich wusste nicht woran man einen kranken Igel erkennt. Ich ging ins Haus und recherchierte. Nach der Beschreibung sah er schon etwas mitgenommen aus. Die Augenpartie wirkte eingefallen. Und dass er da so mitten auf der sonnenbeschienen Stelle liegen blieb, sprach auch für einen desolaten Zustand. Ich holte mir ein paar Handschuhe und einen kleinen Karton und sammelte ihn ein. Die Kinder waren ganz aus dem Häuschen. Ich gebe zu, ich war auch total aufgeregt, weil ich nicht wusste, ob ich das Richtige tue. Ich hatte richtig Herzklopfen. 😀
Beim Hochheben kugelte er sich zusammen, aber ich konnte ein paar Maden an einem Auge sehen. Ok. Nicht gut. Ich stellte den Karton in den Schatten und wies die Kinder an, den Igel nicht anzufassen und nicht so laut zu sein. Ich rief unsere ansässige Tierärztin an. Die wollte den Igel aber weder untersuchen, geschweige denn aufnehmen. Sie gab mir stattdessen eine Handynummer von einer Igelpflegestelle. Leider funktionierte die Nummer nicht mehr. Ich war etwas angesäuert. Denn, hätte sie den Igel untersucht und behandelt, ich hätte das alles auch bezahlt und mich um die weitere Pflege gekümmert.
Schnell war klar, ich selbst würde mich nicht so kümmern können, wie ich wollte. Die Mädchen ließen den armen Igel nicht wirklich in Ruhe. Was ich wiederum verstehen konnte. So ein Igelchen ist schon sehr süß. Und die Stacheln sind wirklich ganz schön piksig. Ein spannendes Tier. Der Sohn hatte seine arme Not, die ungestümen Schwestern in Schach zu halten.
Ich rief bei weiteren Tierärzten in der Umgebung an, die aber alle erst um 16 Uhr wieder Sprechstunde hatten.
Einen Igelverein fand ich im näherem Umkreis leider nicht. 🙁
Der Herr Papa kam mit dem Holz für das Schaukel-Kletter-Dings wieder nach Hause und bat um Hilfe beim Entladen des Autos. Ich schickte noch schnell eine mail, an eine liebe Bekanntschaft und Naturfreundin, in der Hoffnung, dass sie vielleicht jemanden kenne, der sich mit Igeln auskennt.
Als ich wieder rauskam, war der Igel unter aufgeregtem Rufen der Kinder behende aus dem Karton ausgestiegen. Der Herr Papa meinte, der sähe doch ganz gut aus. Und ich war verunsichert. Der Igel streunte ein paar Schritte und blieb dann wieder liegen. Da es ohnehin noch eine halbe Stunde bis 16 Uhr war und ich vorher nichts tun konnte, setzte ich den Igel wieder in die wilde „Unkrautecke“ im Garten. Dort hörte man ihn rascheln und es knackte und schmatze. Scheinbar hatte er eine Schnecke gefunden. Naja, vielleicht kriegt der das ja doch alleine hin, dachte ich. Der war vielleicht nur so belämmert, weil ich ihn aufgeschreckt hatte.
Wir begannen das Schaukelgerüst mal in Angriff zu nehmen. Der Igel bahnte sich aber wieder seinen Weg raus aus dem Gebüsch und legte sich ins Gras in die Sonne. Unmittelbar neben uns.
Die Kinder hockten quiekend neben ihm. Er tippelte schließlich unbemerkt wieder ein paar Schritte weiter in unsere Richtung. Der Herr Papa wäre fast drauf getreten. Da war für mich endgültig klar, das Tier braucht Hilfe. Als würde er darum bitten.
Ich sammelte den kleinen Kerl wieder ein und setzte ihn erneut in den Karton. Die 16 Uhr-Marke war erreicht, ich rief die Tierarztpraxis im Nachbarort an. Ich durfte sofort vorbei kommen. Die Kinder waren ganz aufgeregt und wollten mit. Mein Magen knurrte, der Mann moserte etwas über diese Aufregung und dass das Klettergerüst so nicht fertig würde, es müsse ja auch noch imprägniert werden.
Aber ich kann dann nicht anders. Ich fahre auch mit einer Spitzmaus zum Tierarzt wenn es sein muss. Ich kann das nicht aushalten. Wenn ich weiß, dass ein Tier Hilfe braucht, kann ich es nicht sich selbst überlassen. (Ich habe auch schon Vögel und wilde Kaninchen gerettet.)
Also Kinder und Igel ins Auto. Der Sohn hatte die Aufgabe den Karton zu bewachen, damit der Igel nicht aussteigt.
Wir fuhren los.
Dem Igel gefiel das nicht und er versuchte immer wieder aus dem Karton zu klettern. Es raschelte und scharrte. Der Sohn war ganz aufgeregt. Ich auch und ich brauste an einer Kreuzung vorbei, bei der wir abbiegen hätten müssen. Ich ärgerte mich über den Umweg, den wir nun fahren müssten. Und ich sah schon den armen Igel durch unser Auto kugeln. Aber der Sohn bewachte der Karton prima. Beim Hochschalten riss dann noch der Griff von der Kupplung ab. Der war schon vorher locker, aber jetzt hatte ich ihn lose in der Hand. 😀
Ich lachte und steckte das blöde Ding wieder notdürftig drauf und kam schließlich beim Tierarzt an.
Wir wurden sehr freundlich empfangen, erfuhren, dass die Arzthelferin auch gerade einen Igel zu Hause päppelt und wir an diesem Tag schon den dritten Igel brächten.
Schnell kamen wir dran. Die Tierärztin nahm die kleine Igelkugel mit einen Handtuch hoch und entferne mit einer Pinzette schon alle Maden, die sie sehen konnte. Sie meinte, sie würde ihn gründlicher auf eine mögliche Verletzung untersuchen, behandeln und päppeln. Sollte die Verletzung oder Erkrankung zu arg sein, würde sie ihn erlösen. Dann durften wir noch entscheiden, ob wir den genesenen Igel wieder holen wollten, oder ob sie ihn dann in der umliegenden Landschaft aussetzen solle. Ich wollte dem Igel nicht noch eine Reise im Karton antun und fand die Gegend rund um die Tierarztpraxis auch ansprechend. Dem Igel wird´s egal sein.
Tja und am selben Abend raschelte es wieder unter der Hecke und hinterm Gartenhäuschen und da kam noch ein kleiner Igel des Weges. Emsig und schnaufend suchte er alles ab. Mann, ist das süß! Ich stand bestimmt eine halbe Stunde im dämmrigen Garten und beobachtete den kleinen Kerl. Und da sah ich den Unterschied zwischen einem gesunden und einem kranken Igel. Ein kranker Igel ist tatsächlich um die Augen rum sehr eingefallen und die Augen sind mehr Schlitze. Dieser kleine gesunde Igel hatte kugelrunde glänzende Äuglein und war überhaupt nicht eingefallen.
Eine Antwort auf „Die Igelrettung“
Süß – da hatte das Igelchen ja Glück, dass es in Eurem Garten gelandet ist.