Einkaufen mit Kindern empfinde ich die meiste Zeit eher anstrengend und vermeide es. Ich frage mich manchmal, wie meine Kinder die Einkauferei später in Erinnerung haben werden. Ich habe in diesem Zusammenhang mal meine Einkaufserinnerungen aus der Kindheit hervorgekramt. Lest selbst.
Wir wohnten auf einem Dorf, nahe zweier Kleinstädte unweit von Köln. Mein Opa nannte die beiden Städte „Freiiischem“ und „Hoom“, wobei bei Hoom das zweite O eher ein R war. Aber es klang nur ganz zart durch.
Kleinere Einkäufe konnten wir ganz am Anfang noch im Dorf erledigen. Es gab eine Metzgerei, eine Art Krämerladen, eine Post, einen kleinen Supermarkt, einen Blumenladen und eine Bank (die gibt es immer noch und da hatte ich vor 20 Jahren ein lustiges Erlebnis, welches ich auch schon mal aufgeschrieben habe).
Der Bäcker aus dem Nachbardorf kam Samstags mit einem kleinen Lieferwagen und verkaufte seine Backwaren Straßenweise und kündigte sich durch mehrfaches Hupen an. Mir lief bei diesem Hupen sofort wie beim Pawlowschen Hund das Wasser im Mund zusammen, denn dann gab es sehr leckere Dinge. Weckmänner, Brötchen oder Prummetaaaat (Pflaumenkuchen)… mmmmmh. Meine Oma wusste immer etwas leckeres für uns Kinder auszusuchen.
Meistens fuhren wir zum Einkaufen na Freiiischem.
Oft fuhr meine Oma auch mit. Wir bestiegen alle den großen Ford Granada meiner Eltern. Das Auto kam mir riesig vor und ich glaube für damalige Zeit, war es auch riesig. Innendrin saß man bequem gefedert auf braunen Polstern und ich saß u n a n g e s c h n a l l t 😱 hinten in der Mitte und hielt mich an den Kopfstützen der Vordersitze fest um so gut es ging vorne mit aus der Windschutzscheibe zu schauen. Damals in den 70ern waren noch Dinge möglich…heute undenkbar!
Der Wagen hatte ein Grün als Lackierung, welches mir immer vorkam, als sei es von der Sonne ausgeblichen.
Mit diesem Vehikel ritten wir in Freiiiischem auf einen Parkplatz. Es gab, jedenfalls in meiner Erinnerung, einen asphaltierten Parkplatz mit ordentlichen Parktaschen, der meistens voll war oder meiner Mama zu eng mit dem großen Auto, ich weiß es nicht, und einen daneben gelegene Schotterparkplatz. Diesen befuhr man über einen kleinen Anstieg. Ich mochte das Knirschen der Reifen auf dem Schotter und ich mochte auch, dass es bei schlechtem Wetter dort etwas matschig war. Das fand meine Mama garantiert weniger gut. Und ich erinnere mich an so manches Einkaufstütenbalancieren rund um die Pfützen.
Und dann mussten wir ein kleines Stück laufen und kamen in der Fußgängerzone an, durch die sogar die Straßenbahn fuhr. Das war damals noch kein schicker, leiser Niederflurwagen, sondern noch die alten Bahnen, mit den sehr hohen Treppenstufen, die sich ausklappten beim Öffnen der Türen. Und die Bahn bimmelte auch immer, wenn sie durch die Fußgängerzone fuhr. Passanten und Tauben hüpften gleichermaßen aufgescheucht von den Gleisen.
Oft musste meine Mama zur Kaufhalle. Das war so ein Laden, der wirklich in einer Art Halle untergebracht war. Es gab Kleidung, Schreibwaren, Spielwaren und was weiß ich. So wirklich hat mich das als Kind nicht interessiert und ich könnten auch nicht sagen, was genau meine Mama dort gekauft hat. Allerdings weiß ich, dass vor der Kaufhalle so ein „Fahrgeschäft“ stand. Ein Pferd mit meiner damaligen Meinung nach echtem Westernsattel und echter Trense. Das Echteste daran war wohl das Leder. Das kann man sagen. Für 50 Pfennige, oder war es gar eine DM?, konnte man da „reiten“. Klar, dass ich das immer wollte und wahrscheinlich hoffte meine Mama jedesmal, das Reittier möge nicht mehr dort stehen. Ich glaube ich ritt jedesmal, wenn wir die Kaufhalle besuchten.
Manchmal brauchte meine Mama auch Kaffee. Den gab es damals noch bei Eduscho oder Tschibo im Laden. Bevor sich beides in den „Tschibuschotopshop“ verwandelte und auch noch allerlei andere Klamotten anbot, gab es dort ausschließlich Kaffee. Obgleich ich Kaffee erst im Erwachsenenalter begann zu mögen, liebte ich als Kind schon den Geruch von frisch gemahlenen Bohnen. Große Maschinen tronten hinter der Theke. Meine Mama bestellte so etwas kryptisches wie ein halbes Pfund Kaffee und eine weiß beschützte Dame zückte eine Verpackung mit ganzen Bohnen, kippte diese in eine der Maschinen und hielt eine neue oder die selbe Verpackung? unten drunter. Da kam dann direkt das frische Pulver rein.
Und dann gab es in diesem Freiiiischem noch einen Laden, den meine Oma immer „Stüsschen“ nannte. Wir mussten regelmäßig „nam Stüsschen“. Der Laden hieß schon längst ganz anders und war ein Drogeriegeschäft der alten Generation. Ein mit Neonleuchten und schmucklosen Regalen bestückter Laden ohne jegliches Flair.
Aber dieses „Stüsschen“ hatte seinen ganz besonderen Reiz für mich.
Der Fußboden bestand aus großen weiß-schwarz gemusterten Fließen. So ein Muster, welches keines ist. Es besteht aus kleinen und großen zufällig zusammen gewürfelten Steinstücken in weiß und schwarz. Man findet diese Art Fließen in vielen alten Treppenhäusern. Das war mal modern. Diese Fließen hatten aber noch eine Besonderheit. Sie waren nicht glänzend und sehr stumpf und irgendwie machten die Absätze der Schuhe und die Räder der Einkaufswagen da ein anderes Geräusch, als auf anderen Fließen. Diese Fliesen im Stüsschen waren für mich fast schon weich. So vom Geräusch. Ich kann es nicht richtig erklären. Aber es ist ein schönes Geräusch und noch heute freuen sich meine Ohren, wenn ich irgendwo auf ein ähnliches Fliesengeräusch stoße. Ich folgte also meiner Mama durch den Laden und genoss die Geräusche unserer Schuhe. Auch das Knistern der Verpackungen klang in diesem Laden irgendwie weicher. Und dann gab es kurz vor der Kasse noch ein Highlight für mich. Dort standen die Haarcolorationen. Es gab ein oder zwei Firmen, die das damals für zu Hause anboten. Ich interessierte mich aber nicht für die Haarfarben. Ich interessierte mich für die Musterhaarsträhnen, die vor jeder Packung hingen. Die Mustersträhnen waren aus Kunsthaar und zu einer ordentlichen Schlaufe gelegt, oben mit einem Kunstoffclipp zusammengehalten. Diese Haarsträhnen musste ich immer anfassen. Wenn man in die richtige Richtung strich, fühlte sich das Haar ganz weich und glatt an und verstrubbelte auch nicht. Es war der Höhepunkt meiner Erlebnistour beim Einkaufen.
Bis heute zu drehe ich gerne an meinen Haaren eine Strähne zu einer ähnlichen Schlaufe und fahre mit den Fingern daran entlang.
Wenn wir saisonal und wachstumsbedingt neue Kleidung brauchten und die abgelegten Kleider unserer Cousinen nicht ausreichten, dann fuhren wir in ein Einkaufszentrum. Ich glaube, das war für meine Mama und meine Oma, die uns zu solchen Events immer begleitete, ein tatsächlich stressiges Unterfangen. Ich hingegen mochte das Bekleidungsgeschäft. Dort gab es so runde Podeste, mit Teppich bezogen und einem Kleiderständer mit großen, glatten, bunten Kugeln drauf. Da konnten sich die Kinder drauf stellen und die Mütter hatten eine bequeme Arbeitshöhe bei den Anproben.
Meine Oma und meine Mama liefen also eilig hin und her und trugen hoffnungsvoll Kleidungsstücke herbei. Das war nicht einfach, denn ich hatte auch schon früh einen eigenen Geschmack und ein ähnlich kritisches Bequemlichkeitsempfinden, wie meine Kinder heute auch. Und Bewegungsdrang! Meine Oma erzählt immer, wie sie mich oft suchen mussten, weil ich zwischen und unter den Drehständern mit den Kleidern verschwunden war. Sie fanden mich immer dort, wo sich ein Drehständer wie von Geisterhand drehte oder wo aufgescheuchte Damen in Umkleidekabinen erschrocken aufkreischten, weil ich versehentlich in eine besetzte Kabine gekrabbelt war. Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl von Staub, Flusen und Flugfäden an meinen Händen. Ich schätze meine Mama und meine Oma waren gleichermaßen wenig angetan, da sie garantiert nicht einverstanden mit dem Sauberkeitszustand des Fußbodens waren.
Also Rückblickend fand ich die Einkaufstouren toll und mir fallen so nach und nach sogar noch mehr Erinnerungen ein. 😀
Was sind denn eure Erinnerungen?