Kategorien
Erziehung und Realität Es könnte so einfach sein

Aus dem Gleichgewicht geraten…

Den nachfolgenden Text tippte ich vor einiger Zeit abends so wild einfach mal runter und dann nicht zu ende, weil der Mann nach Hause kam und mich unterbrach. Ich brüllte den verdatterten Mann dann sehr laut und besinnungslos an, weil er sozusagen auf eine Tretmine gestoßen war. Ich war dermaßen drüber. Ich fühlte mich erstens gestört und zweitens kam er meiner Bitte, sich NICHT auf einem Kindermöbel niederzulassen, nicht nach. Das war to much in diesem Moment. Nicht mal der Mann hört auf mich, dachte ich.

Seit dem habe ich mich wieder etwas entspannt und die anderen Beteiligten auch. Wir konnten uns noch am Abend meines Ausbruchs konstruktiv miteinander unterhalten. Aber dazu später.

Erstmal was ich schrieb:


Ich bin sauuuuuuuaaaaaa! Boaaaaaaah! Es tut mir leid und gleichzeitig auch nicht.

Ich bin echt an meiner Grenze gerade.

 

Mir war klar, dass die erste Zeit mit dem Schulanfänger auf die ein oder andere Art anstrengend wird. Ich wusste es. Die Anstrengung zeigt sich zwar anders als gedacht, aber das macht unterm Strich keinen Unterschied.

Der Sohn fordert mich. Er fordert auf biegen und brechen. Als versucht er aus mir das Letzte raus zu kitzeln.

Was ist das für ein beschissener Test?

Ich muss jeden verdammten Tag diskutieren über, ob er was gucken darf, ob er Süßigkeiten darf, ob er sich verabreden kann, ob dies oder jenes. Ich diskutiere morgens über das Anziehen. Ich diskutiere übers Aufräumen. Ich diskutiere übers Essen. Über ALLES. Es strengt mich an! Sehr sogar.
Und ich bin die meiste Zeit bereit ihm so viel zu geben, wie möglich. Ich verteile Süßigkeiten, die Kinder dürfen fern sehen. Ich nehme mir Zeit für den Sohn, hole ihn von der Schule ab, begleite seine Hausaufgaben, übe mit ihm schwimmen, komme seinen Wünschen nach, so gut ich kann, treffe Verabredungen, habe sogar für die Ferien immer etwas mit ihm bzw für ihn geplant. Dazu muss ich sagen, dass er noch nicht alleine den Weg zu seinen Freunden gehen möchte. (Außer zum Freund um die Ecke). Also muss ich ihn bringen und abholen. Lange Zeit konnte ich mich auch prima mit allen drei Kindern mit anderen Müttern und Kindern im ähnlichen Alter treffen. Aber das geht mittlerweile auch nicht mehr. Der Sohn langweilt sich dann, wenn die anderen deutlich jünger sind oder nur Mädchenkram spielen. Ich muss also splitten.

Aber was ich auch mache, es ist nie genug. Nie. Es wird grundsätzlich nachgefordert. Manchmal geschickt und auch gut argumentiert und im Endeffekt auch ok. Aber oft einfach nur drüber. Unpassend. Zu viel.
Denn er ist ja nicht alleine. Wir sind 5 Leute, deren Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen.

Ich erwarte keine Dankbarkeit. Ich tue das alles aus freien Stücken FÜR die Kinder und auch gerne. Meistens jedenfalls.
ABER ICH MÖCHTE VERDAMMT NOCHMAL AUCH SAGEN KÖNNEN: ES REICHT! Bis hierhin und nicht weiter. JETZT ist DRINGEND Ruhe nötig. Und zwar für MICH!

 

Dazu kommt ein für den Sohn ganz untypisches albernes Pflegelgehabe. Das ist ja manchmal auch ganz lustig und unter seinen Freunden grassiert dieses Gebaren gerade auch. Alles gut. Aber es geht einfach nicht, dass sich ein alberner Hampelmann im Kindergarten, beim Abholen der Schwestern an meinen Rücken klammert und mich versucht zu Boden zu raufen (kuscheln können wir später), während die Dreijährige gerade droht ein mega Theaaataaaa zu machen und ich mich mal auf deren Bedürfnisse konzentrieren muss. Bzw, da ist ja auch noch das Sirenchen, das sich gerade so sehr angepasst verhält und etwas zart besaitet ist. Sie braucht mich auch. Sie möchte auch richtig begrüßt werden beim Abholen.

Der Sohn versteht es aber auch vortrefflich seine Schwestern zu ärgern. Alles an ihm ist auf ärgern ausgelegt. Zu 90% kann ich nicht mal einen bösen Willen dabei erkennen. Es ist überschäumender Übermut. Aber es neeeeervt trotzdem.

 

Die letzten zwei Tage haben alle Geduld aufgefressen und ich habe eben getobt! GETOOOOOOOOBT! GETOOOOBT! Und in mir tobt es immer noch. Oaaaarrrrrr! Ja, die unschöne Wahrheit ist….manchmal habe ich nichts mehr außer meiner Lautstärke. Die Verwandtschaft zum Sirenchen ist unverkennbar.

Ich habe dem Sohn ganz klar und sehr laut gesagt, dass ich an einen Punkt gekommen bin, an dem ich ganz furchtbar gemein zu ihm sein will, weil ich so eine furchtbare Wut habe. Das sei ein ganz ganz ätzendes Gefühl.
Er sagte darauf hin, dass er so ein Gefühl mit mir auch gerade oft hätte. Aha.

Da haben wir es.
Ich bilde mir also nicht nur ein, dass hier gewisse Dinge auch gezielt gemacht werden.

Die Frage ist nur, warum ist das so. Was braucht er von mir, um dieses Gefühl nicht zu haben?
Gerade weiß ich es offen gestanden nicht.

Aufmerksamkeit. Ja. Aber wo denn noch????? Was übersehe ich?

 


So, da wurde ich unterbrochen.

Und hier schreibe ich weiter.

Nachdem sich alle wieder beruhigt und einen klaren Kopf hatten, unterhielten wir uns. Erst ich mit dem Mann, dann wir zusammen mit dem Sohn. Dieses wahnsinnige Karussell musste mal angehalten werden.
Ich erklärte ihm nochmal, dass es mich wahnsinnig macht, wenn den ganzen Tag so rumgenörgelt und gezankt und diskutiert wird. „Ich könnte mich selbst dann in der Luft zerreißen!“
„Nein, Mama. Das tut ja weh! Das sollst du nicht!“
Dann haben wir uns gekuschelt und es ging weiter mit dem Gespräch.

„Mama, du hast ja nie Zeit für mich.“

Oh.

Wie?

Und die Frage, was er sich denn explizit von MIR wünsche, beantwortete er so: „Du sollst viel mehr Schach mit mit spielen!“

Unterm Strich konnte ich heraus hören, dass ich oft nur so halb anwesend bin. Das stimmt tatsächlich. Wenn es mir zu bunt wird, versuche ich mich zurückzuziehen und sei es, dass ich mich im Haushalt vergrabe und deshalb keine Zeit habe. Das wiederum macht den Kreislauf des Unmutes natürlich noch wilder.

Was das Schachspiel angeht….da war es oft so, dass ich nur eine Runde Schach mit dem Sohn spielte. Das  hatte aber damit zu tun, dass der Sohn eine sehr merkwürdige Strategie verfolgte, die mich langweilte. Er versuchte immer mit einem Bauern so weit vorzudringen, damit er eine zweite Dame bekäme. Ich hatte ihm schon mehrfach gesagt, dass das blöd und langweilig sei und ohnehin zu keinem Erfolg führen könne. Deshalb sei es mir fad.
Das verstand der Sohn dann in der Aussprache plötzlich und seit dem spielt er vernünftig und sogar so gut, dass ich mich konzentrieren muss. (Man muss dazu sagen, dass ich eine miserable Schachspielerin bin. Aber ich spiele es auch gerne.)

Also braucht der Sohn gar nicht unbedingt so viel Anwesenheitszeit von mir, sondern bewusste gemeinsame Zeit. Und am Tag unseres Ausfluges letzte Woche, da war es auch sehr schön. Den ganzen Tag hatten wir keinen Streit. Ich hatte den Morgen  ganz konzentriert nur mit ihm verbracht. Wir fanden viele Dinge beide spannend.
Nächste Woche mache ich nochmal so einen Vormittag mit ihm.
Und Schach spielen wir jetzt auch konzentriert miteinander.

Das alles muss gar nicht täglich sein. Nur der Tank muss immer wieder und dann gezielt aufgeladen werden.

Und damit beruhigt sich unsere Mama-Sohn-Beziehung und damit habe ich auch wieder mehr Raum für die Mädchen, was sich wiederum auch beruhigend auf sie auswirkt.

Es ist gerade mal wieder besonders herausfordernd die Bedürfnisse aller drei Kinder unter einen Hut zu bekommen. Ich weiß nicht, ob das an diesem knappen Altersabstand liegt. Als sie ganz klein waren, empfand ich das als eine besondere Herausforderung. Und gerade kommt es mir wieder so vor.

Ein gerade sehr störanfälliges Zusammenspiel. Aber immerhin haben wir das Muster erkannt und durchbrochen. Verrückt eigentlich, was so kleine Dinge bewirken.

 

Wie geht es denn Mamas mit älteren Kindern und größerem Altersabstand? Taucht dieses Phänomen da auch so geballt auf?

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert