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Rund um die Schule

Homeschooling, warum nicht?

Sprach der Sohn (gerade 5 Jahre) am Morgen:

„Mama, ich mag nicht immer in den Kindergarten gehen. Das ist mir zu lang. Und das ist ja jeden Tag! Das Wochenende ist auch viel zu kurz! Ich kann garnicht genug spielen!“

Dazu muss man sagen, dass wir einen super Kindergarten haben. Kleine Gruppen, eine klare Struktur, nicht überladen und doch viele schöne Möglichkeiten. Vor allem auch mit tollem Außengelände. Sobald der Sohn den Kindergarten betritt ist es in 99% der Fälle auch sofort vergessen und er freut sich mit seinen Freunden zu spielen. Er fühlt sich wohl dort.

Ein Faktor warum er morgens nicht gerne in den Kindergarten will ist die Tatsache, dass man sich ja anziehen muss.  😀 Am Wochenende oder an freien Tagen kann man den Sohn den ganzen Tag im Schlafanzug bewundern. Am liebsten sind im Wintertage an denen man nicht draußen war, dann kann er den Schlafanzug abends auch weiter anbehalten und hat gleich zweimal Umziehen gespart.

Einerseits spricht das für eine gewisse Faulheit.
Andererseits beobachte ich schon länger, dass er dafür in gewissen Dingen wiederum einiges drauf hat. Und ich gehöre schon zu der Fraktion: Gewisse Dinge müssen sein. Da muss man durch.

Aber ich lerne auch immer wieder, dass es manchmal auch anders geht. Warum auch nicht?

Der Sohn  kann zum Beispiel seine Empfindungen sehr gut artikulieren. Er ist auch einfühlsam mit seinen Mitmenschen und auch Tieren. Er spielt auf einem einfachen kleinen Xylophon recht komplizierte Melodien nach und singt dazu. Er kann volle und halbe Uhrzeiten lesen. (Alles von ganz allein!) Er hat ein gutes Zahlen- und Mengenverständnis. Manchmal hat er Lust sich mit Buchstaben zu beschäftigen und macht einfache Aufgaben in einem Heft. Und ganz oft stellt er sehr differenzierte Fragen zu bestimmten Themen unterschiedlichster Natur. Er behält dann auch auch was man ihm sagt.
Klar wird jetzt jeder sagen, so ist mein Kind auch, es arbeitet sogar schon reihenweise Rätselhefte durch und spielt schon richtig Klavier. Oder was auch immer.

Es geht mir nicht darum den Sohn als Wunderknaben darzustellen. Mir geht es darum etwas aufzuzeigen.

Dieses Kind passt (und da bin ich im Moment recht sicher) nicht gut in das gängige Schulsytem. Er hat Lust zu lernen, aber nicht zu vorgesetzten Zeiten. Er interessiert sich für Vieles, lernt nicht turboschnell aber sehr gründlich. Aber nicht unter Druck. Er lernt auch nicht in einer stringenten Reihenfolge. Er springt in seinen Themen, wenn ihm da ein neuer Aspekt unter kommt.
Ich fürchte es wird ein Drama, wenn er morgens um 8 in der Schule sein soll und dort funktionieren muss. Wenn wir Glück haben finden wir eine Lehrerin, die ihn zu nehmen weiß. Wenn wir Pech haben, haben wir ein schlecht gelauntes und frustriertes Schulkind. Die Geräuschkulisse wird ihn auch stressen.
Da ich nun weiß wovon ich spreche (ich bin Lehrerin) und einige Durchläufe vor allem Erst-und Zweitklässler erlebt habe, kann ich sagen: Nicht jedes Kind passt in die Regelschule. Mit genug Einfühlungsvermögen schafft man es, dass die „schwierigen“ Kinder nicht so schnell die Lust an der Schule verlieren. Aber es ist nicht so einfach und nicht alle Lehrer (sorry liebe andere Lehrer) sind in der Lage das System gedanklich mal zu verlassen und flexibel auf das nicht in die Norm pressbare Kind zu reagieren. Ich räume ein, dass mir auch Kinder begegnet sind, die ich weniger gut verstanden habe und mit denen ich mich schwer tat.
Das ist allerdings auch alles kein Problem, wenn man als Lehrer im Team arbeitet. Was viel zu selten der Fall ist. Gut ist zudem, dass es unterschiedliche Schulformen gibt. Aber sucht man eine Waldorf- oder Montessorischule oder eine andere Art private Schule, so muss man wiederum oft weite Wege in Kauf nehmen. Das finde ich auch nicht günstig. Die Kinder fahren von Insel zu Insel.

Abgesehen von diversen Schwierigkeiten im Bildungssytem (mangelnde Flexibilität, das neue Einschulungsalter (6 statt 7 Jahre) etc pp.fehlt mir noch eine Sache in Deutschland. Und zwar die legale Möglichkeit seine Kinder zu Hause zu unterrichten.
Ich glaube unser Sohn wäre ein Kandidat dem es die ersten Jahre als Start, um sich in Ruhe ins schulische Arbeiten einzufinden, zu Hause sehr gut bekäme. (Für das Sirenchen behaupte ich, ist die Schule toll. Da ist was los. Da kann man was erleben, da gibt es was zu tun und nebenbei zu lernen. Super. Sie steht auch morgens als erste auf und möchte sich anziehen und zum Kindergarten fahren.)
Bleiben wir aber beim Sohn. Homeschooling is nich in Deutschland. Is illigal. Schade, denn der Sohn säße mit Sicherheit im Schlafanzug am Tisch und würde Schreiben üben, um unseren Einkaufszettel notieren zu können.
Dann würde er mit seiner Ritterburg spielen und danach die Geschichte schriftlich nacherzählen. Oder mal alle Feuerwanzen im Garten schätzen und zählen. Mir fielen jede Menge Dinge ein, die er gerne macht und denen man als Extra einen lehrreichen Inhalt unterjubeln könnte. Von sinnbefreit (weil´s einfach Spaß macht) bis sinnvoll.
Weil die Nazis damals schön beschlossen haben, die Kontrolle haben zu müssen, ist seit dem Hausunterricht in Deutschland verboten. Bis 1938 war es nämlich noch erlaubt. In Amerika, Österreich, England, Frankreich, Dänemark, Spanien, Polen, in der Schweiz etc ist Homeschooling auch und immer noch erlaubt.
Und es wird nicht ins Blaue hinein unterrichtet! Es gibt in regelmäßigen Abständen Prüfungen von offizieller Stelle. Der Lehrplan liegt vor, man kann sich beraten lassen und passende Materialien besorgen.
Diese Form des Unterrichts ist nichts für jedes Kind. Und auch nicht für alle Eltern, denn die müssen den Unterricht ja organisieren.
Aber für manche Kinder/Familien wäre es ein Segen. Es ist schade, dass man diese Möglichkeit nicht ausschöpfen darf oder anderenfalls auswandern muss.
Zumal: Ich bin ausgebildete Lehrerin!

Ich bereite mich nun auf eine holprige Zeit vor und bin froh, dass wir noch noch ein bisschen Zeit haben.
Ich bin nicht für starre Regeln und festgefressene Vorurteile. Vielleicht wächst der Sohn noch von ganz allein ins System hinein. Aber mehr Flexibilität wäre in unserem Bildungssythem angezeigt.

Hier ein paar links zum Thema Homeschooling:

 

http://www.hausunterricht.org

 

http://www.familienleben.ch/kind/schule-ausbildung/homeschooling-in-der-schweiz-eine-familie-berichtet-2988/2

 

http://blog.birkenbihl-sprachen.com/2015/01/ein-leben-ohne-schule-homeschooling-und-unschooling/

4 Antworten auf „Homeschooling, warum nicht?“

Ich finde es sehr sehr spannend, wie Du Deine Kinder beschreibst, auch in ihren Unterschiedlichkeiten. Viele Gedanken zu Deinem Großen teile ich, ich mache mir die gleichen Sorgen. Er mag sich nicht anziehen, er hasst Druck, er sträubt sich, wenn er funktionieren soll. Ich fürchte mich etwas vor der Schulzeit. Er sagt, er will nicht in die Kita, weil man da immer spielen und zuhören muss. Heißt das, er ist unterfordert? Keine Ahnung, aber in der Schule weht nochmal ein anderer Wind. Allerdings könnte man ihn niemals zuhause lassen, weil er viel zu wenig Eigenmotivation und Interessen hat und wohl ständig vor’m Tablet hängen würde, wenn man es nicht wegnimmt. Ich fürchte aber auch, dass das System Schule nicht zu ihm passen wird und er sich quälen wird. Aber bis dahin ist noch etwas Zeit (2017).
Für die Kleine wird es dagegen eine harte Zeit, wenn ihr Bruder schon zur Schule geht und sie noch nicht. Sie ist auch der Typ „steht angezogen im Flur, wenn der Große noch im Schlafanzug ist“. 🙂
Liebe Grüße!

So Tendenzen zum Rumlungern hat mein Sohn auch, trotz seiner Interessen. Ich müsste ihm hier zu Hause auch immer wieder Dampf machen. Wenn Homeschooling möglich wäre, wären ja auch kleine und privat organisierte Lerngruppen denkbar. Sowas fänd´ich ja ideal für die „Sonderlinge“. Aber gut. Was nicht geht, geht halt nicht. Bei uns steht das Schulthema auch erst 2017 an. Da kann schon noch was in den kleinen Köpfen passieren. Es kommt sehr auf die Lehrer an. Es gibt wirklich ganz tolle Lehrerteams. Die muss man finden. Das hängt nichtmal von der Schule ab, sondern wer die Klasse übernimmt. Damit zitiere ich eine alte Kollegin in Rente, bei der ich viel gelernt habe und die mir großes Vorbild ist. Der/die ideale Lehrer/in verbindet für mich eine gewisse Strenge und Konsequenz, gewisse Anforderungen und ein gutes Auge für die Eigenheiten eines jeden Schülers. An der richtigen Stelle steuern und an der richtigen Stelle einfach mal in Ruhe lassen.
Es bleibt weiterhin spannend in den nächsten Jahren. 🙂

Ja, vor dem Thema graut mir auch etwas, da meine Große auch der Typ „haßt Druck und sträubt sich, wenn sie funktionieren soll“ ist. Die U8 beim Kinderarzt (mit 4 Jahren) hat sie teilweise, die U9 mit 5 Jahren dann komplett verweigert, einfach dichtgemacht. Genauso beim Termin zum Anmelden in der Schule. Bei der Schuleingangsuntersuchung hat sie dann Gott sei Dank begeistert mitgemacht. Möglicherweise lag das auch daran, daß ich mir einfach keinen Streß mehr gemacht habe, weil ich dachte, daß sie dann halt noch ein Jahr in den Kindergarten geht, wenn sie nicht mitmacht (daß sie dann vermutlich auf eine Förderschule gehen müßte, obwohl sie rein vom Intellekt her dort total unterfordert wäre, wußte ich da noch nicht – vielleicht auch besser so! 😉 )
Ich bin schon sehr gespannt, wie das im August wird. Hoffnung macht mir ja, daß sie sehr gerne in die Schule gehen WILL. Drückt uns die Daumen….

Ich wünsche euch einen guten Schulstart! Es hängt wirklich ein bisschen von den Lehrern ab. Warte die ersten Schulwochen mal in Ruhe ab. Vieles legt sich wirklich von alleine. Manche Kinder brauchen ein bisschen, um anzukommen. Bleib mit der Lehrerin oder dem Lehrer im Gespräch. Scheu das nicht!Ich mochte es immer gern, wenn ich von Eltern Rückmeldungen bekommen habe. Auch wenn etwas unklar war oder Kritik geübt wurde. Oft ergab sich im Gespräch eine neue Sicht auf beiden Seiten.

Wenn du allerdings nach einem Jahr das Gefühl hast, dass die Sache nicht läuft…werd unbequem. Klassenwechsel und Schulwechsel sind möglich und manchmal heilsam.

Ich denke aber: Es wird werden! Wenn deine Tochter Lust hat zu gehen, ist das schon mal die halbe Miete. 🙂

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