Kategorien
Es könnte so einfach sein

Ferienreif

Es ist Sommer. Es ist so schön! Und ich will das genießen und auch mal ausblenden was alles im Argen liegt auf diesem Planeten. Und auch mal ausblenden, was alles eigentlich zu erledigen wäre. Ich merke, es bringt gerade nichts gegen alle wichtigen und unwichtigen To Dos anzukämpfen. Ich muss mal los lassen, liegen lassen und mich auf das Innehalten besinnen. (Übrigens fühle ich mich dennoch tausendmal besser als noch letztes Jahr im Sommer, als ich die Kur beantragte!) Denn schon im September startet hier wieder ein neuer Abschnitt. Ein zweites Schulkind wird den Ablauf hier nochmal neu auf den Kopf stellen.

Und während ich aktuell dieses für Köln untypisch unschwüle, sensationell schöne Sommerwetter genießen möchte, MIT meinen Kindern! wird mein chilliges Sommer-ich-mach-mal-Urlaub-Gefühl hart auf die Probe gestellt. VON meinen Kindern. Es fällt mir schwer in einen Ich-atme-mal durch-Modus zu gelangen, der eine Zeitspanne von maximal 10 Minuten übersteigert.

Ich lieb sie sehr diese, meine Kinder. Mehr als ich es ausdrücken kann. Sie sind das Beste, was mir je passiert ist. Ehrlich. Aber wenn sie ferienreif sind, dann sind sie manchmal zum davonlaufen. Sie werden das umgekehrt von mir bestimmt auch denken.

Der Kindergarten hat aktuell ein Waldprojekt. Jeden Tag sind sie am Vormittag im Wald. Die Kinder freuen sich darüber. Sie haben Spaß. Es ist toll. Und obwohl ich nun jeden Abend mit den Kindern darüber spreche, dass sie am nächsten Morgen etwas langärmeliges und eine Hose anziehen sollen, denn im Wald ist es erstaunlich kühl UND es könnten Zecken lauern), machen sie JEDEN Morgen das gleiche Theater.

Den Wecker überhören sie. Ich würde am liebsten auch einfach nur liegen bleiben, mich iiiiiirgendwann gemütlich aus dem Bett pellen, draußen im noch frischen Morgen bei Vogelgezwitscher frühstücken, das Planschbecken volllaufen lassen und in den Tag hinein leben.

Is aber noch nicht. Is noch Program hier. Sogar ganz schönes und aufregendes auch. Geburtstage, Kindergartenabschied etcpp. Vielleicht kommen wir morgens auch nur wegen des schönen Programs überhaupt noch in die Pötte. Keine Ahnung.

Ich scheuche also zuerst den Sohn aus dem Haus, was die letzten Tage besonders mühsam ist. Ich poche auf die Zeit und treibe an. Abends ist es schwierig die Kinder INS Bett zu kriegen und morgens noch schwerer, sie da heraus zu bekommen.

Normalerweise wende ich, sobald der Sohn aus dem Haus ist und ich einen schnellen Kaffee getrunken habe, meine Aufmerksamkeit dem weiblichen Nachwuchs zu. Aber die Damen des Hauses wünschen schon vorher Beachtung. Vor allem das Knöpfchen beklagt sich derzeit laut, immer wäre der blöde Bruder zuerst dran. Sie wolle auch mal zuerst dran sein. Kann ich ja verstehen. Aber das Schulkind muss als erstes los und hat deshalb Vorrang. Noch dazu soll das Knöpfchen froh sein, dass sie noch nicht so früh los muss. Sie schläft eigentlich auch gerne länger. Aber diese Argumente prallen an ihr ab.

Die Damen kreischen und heulen und schimpfen und zetern dann im Chor. Die Klamotten wollen sie alle nicht. Die Creme auch nicht. Zum Frühstück dies, dann jenes, dann doch nicht und dann doch ja. Die Socken zwicken und die festen Schuhe dürfen es auch nicht sein. Warten soll ich und mir das Gekreische und Gehampel ansehen, was ich nicht tue. Aus Prinzip und Unlust. Meine Ohren. Meine Nerven.

Und nein, ich habe kein Verständnis und keine Geduld, wenn die 4 Jährige sich dringend und nachdrücklich von mir wünscht den EINEN bestimmten Rock gereicht zu bekommen und sich dann just in dem Moment beschwert, sie hätte immer und dringend dieses oder jenes Kleid anziehen wollen.

Dann mache ich aber mal ganz flott einen auf bedürfnisorientiert ! Dann ist nämlich MEIN Bedürfnis: „Ich muss weg. Ciao. Ciao. Auf Wiedersehen! Wie sehen uns, sobald man wieder mit euch sprechen kann.

Und dann gehe ich und verlasse die Szene, um mich den Frühstücksvorbereitungen zu widmen. Ja, ich habe sogar einmal angemerkt, dass der Waldtag ohne sie stattfinden könnte. So ne Kindergartengruppe wartet ja nicht ewig am Treffpunkt.

Gestern morgen öffnete ich dann die Rucksäcke, um sie mit neu befüllten Brotdosen zu bestücken und mir schwebten mehrere Knäule Pollenbälle entgegen. Haaaaaaatschiiiiii, wie wunderbar, wenn man ohnehin mal wieder mit Heuschnupfen rumkaspert.

Nach dem Frühstück bestiegen wir gestern sodann das Lastenfahrrad unter lautem Geheule des Knöpfchens. Fragt mich nicht warum. Es war so nichtig, dass sie es selbst vergaß, was sie wiederum auch laut beheulte und ich konnte nur mit den kölschen Worten „Dann wor et och nit wischtisch.„, antworten. Ein guuuutes Stück Wegstecke weiter sprach das Sirenchen seelenruhig: „Wir haben unsere Rucksäcke vergessen!“

Quietschende Reifen auf dem Asphalt, wenden, zurück-marsch-marsch. Rucksäcke holen. Aber zack zack.  Zack, zack machte in dem Fall ich.

Heute morgen beklagte das Knöpfchen auch irgendwas mit dem Anziehen und ich solle dies und jenes und alles war falsch. Ich ließ sie zurück. Sie kam dann mit ihren Klamotten unterm Arm die Treppe runter und motzte: „Du musst mich noch mit Lavendelöl einreiben!“ (das mache ich am Hals, rund um den Hosenbund und den Knöcheln, als Zeckenabwehr. Keine Ahnung ob das wirklich hilft.)

-„Ja, das hättest du eben oben im Bad haben können! Ich mache jetzt erstmal euer Frühstück fertig.“

-„Ich habe das Öl mitgebracht!“ und da hielt sie mir grinsend die Flasche entgegen und ließ sich helfen.

Wenn ich die Mädchen dann am Treffpunkt so abgeladen habe und ihnen noch zu sehe, wie sie sich in ihrer Kindergartengruppe einsortieren, dann bin ich wieder ganz beseelt. Hach, ist das herzig. Und mit Küsschen und dann Kusshänden und Winken und „Tschüss, liebe Mama!“ werde ich verabschiedet und würde sie am liebsten Herzchen und festhalten und mit laufen.

Aber schon Mittags habe ich einen müden und mauligen Sohn daheim. Und am Nachmittag übertrumpfen sich drei müde Kinder an Garstigkeit. 

Ich kann euch nicht sagen WIE müde ich am Abends davon bin.

 

Es wird dringend Zeit für eine Unterbrechung aus dem Alltag. Bis dahin heißt es: durchhalten.

2 Antworten auf „Ferienreif“

Sehr lustig beschrieben! Wie dein Alltag so abläuft. Während dem Geschehen fühlt man sich oftmals alleine, mit der Bedürftigkeit der lieben. In meinem Fall von Böckchen und Finchen. Du hast mir das Gefühl gegeben das wir doch nicht alleine den Wahnsinn meistern. Natürlich macht man alles mit liebe für die Zwerge, allerdings verlasse ich jeden Morgen das Haus und habe bei mir selbst etwas vergessen vor lauter Nichtigkeit. Deine humorvollen Zeilen helfen mir sehr. Vielen lieben Dank dafür!!!

Ich danke dir für deinen lieben Kommentar! Unter anderem schreibe ich das genau dafür alles auf. Wenn man weiß, dass es anderen ähnlich ergeht, kann man viel eher über alles lachen. 🙂 Ich freue mich auch, wenn ich höre, dass es anderen genau so geht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert