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...und was es sonst noch gibt Erziehung und Realität

Eine Situation auf dem Spielplatz und eine Verantwortungsfrage

Wir waren vor einiger Zeit auf einem Spielplatz mit Karussell. Ich finde Karussells auf Spielplätzen immer etwas schwierig, weil sie eine große Anziehungskraft auf große und kleine Kinder haben und nicht ganz ungefährlich sind. Große Kinder drehen gerne sehr schnell, was für kleinere Kinder ungünstig ist, weil sie sich noch nicht richtig festhalten können oder während der Fahrt aus-oder ein steigen und mit den Großen mithalten wollen. 

Eigentlich auch ein prima Lernfeld für viele Dinge auf einmal, aber das tut hier nichts zur Sache. Fakt ist, ein Karussell muss man beaufsichtigen, wenn die Alterstruktur sehr heterogen ist. Und das tat ich immer, solange ich Mama von unerfahrenen Kleinkindern war.

Unsere Kinder spielten nun jüngst bestimmt eine ganze Stunde lang friedlich immer auch mit anderen Kindern. Mal am Karussell, mal auf einem Klettergerüst. Alles prima. Der Mann und ich setzten uns gemeinsam auf eine Bank und beobachteten sie und die anderen Kinder. 

Schließlich saß das Sirenchen wieder im Karussell mit zwei etwas jüngeren Kindern zwischen 3,5 und 5 Jahren alt und der Sohn drehte sie an. Die beiden anderen Kinder waren neu dazu gekommen.

Ich beobachtete kurz und unterhielt mich dann mit dem Mann über das Knöpfchen, welches auf dem Klettergerüst unterwegs war. 

Dann weinte ein Kind und wir sahen, wie eines der kleineren Kinder aus dem Karussell weinend bei seiner Mama stand und dem Sohn die Zunge raus streckte und sagte: „Der Junge ist voll blöd!“ und zeigte auf den Sohn. Der, nebst Sirenchen, schaute etwas irritiert. Es lief aber sofort wieder alles ruhig weiter. Der Sohn drehte das Karussell wieder an. Darin saß ein juchzendes Sirenchen und das zweite kleinere Kind. Auch lachend.

Da alles wieder ruhig lief, sahen wir einen Moment weg und hörten plötzlich die andere Mutter mit unserem Sohn laut motzen. 

Ich muss gestehen, ich war amüsiert. Ich habe nichts dagegen, wenn man mit meinen Kindern schimpft, wenn sie etwas falsch gemacht haben und ich es nicht mitbekommen habe. Ich war dennoch irritiert, weil der Sohn zu den gelassenen und tatsächlich sehr umsichtigen Kindern gehört. Er hat nun auch jahrelange Erfahrung mit jüngeren Geschwistern und alle die ihn kennen, werden bestätigen, dass er zu der fürsorglichen Sorte gehört. Ich konnte mir also nicht so richtig vorstellen, was er da angestellt hatte. Die beiden Kinder aus dem Karussell drängten sich hinter ihre Mutter und streckten ihm die Zunge raus.

Ich beobachtete die Situation aus den Augenwickeln und sah die andere Mama wütend mit ihren Kinder aufbrechen. 

Der Sohn sah ihr unbeeindruckt nach und setzte dann sein Spiel fort. Das Knöpfchen war nun auch ins Karussell eingestiegen.

Später auf dem Nachhauseweg fragte ich den Sohn und das Sirenchen was denn da los gewesen sei.

Die beiden meinten dann, die anderen Kinder hätten nicht gesagt, dass sie aussteigen wollten oder dass es ihnen zu schnell wäre, sondern das eine Kind sei einfach aus dem drehenden Karussell ausgestiegen und dabei gestolpert und hätte sich ein bisschen weh getan.

Ich sagte, die beiden wären ja auch noch klein gewesen. Da meinte der Sohn etwas entrüstet: „Die kamen mir aber gar nicht so klein vor! Die haben auch gar nix gesagt!“

Und wenn ich ehrlich bin: Ein Kind, das bewusst die Zunge raus streckt und sagt der andere sei doof, ist auf jeden Fall auch in der Lage laut Stopp zu sagen, wenn ihm etwas nicht passt. Da hat der Sohn schon recht, wenn ihm was seltsam vor kam.

Ich fragte, ob der Sohn das Geschimpfe der anderen Mutter schlimm gefunden hätte. Er schüttelte den Kopf: „Ne, gar nicht!“ sprach er mit den Schultern zuckend.

Da musste ich lachen und fand seine Gelassenheit sehr gut.

Wenn ich einen Anlass gesehen hätte, hätte ich allerdings auch nochmal gemeckert.

Allerdings schien mir diese Karussellsituation fragwürdig. 

Tatsächlich habe ich in der Vergangenheit als Kleinkindmama immer darauf geachtet, dass meine Knirpse sich fern vom wilden Spiel größerer Kinder halten. Gerade, wenn die großen Kinder zuerst am Platz waren. Was gibt mir das Recht die größeren Kinder in ihrem Spiel zu unterbrechen, damit mein Kleinkind ein Spielgerät sofort auch benutzen kann? Mein Kleinkind muss lernen auch abzuwarten und kann nicht erwarten, dass größere Kinder immer sofort zur Seite springen. Ich kann außerdem bei aller Vernunft der etwas Älteren nicht erwarten, dass Kinder in ihrem Übermut immer alles gut im Blick haben und richtig einschätzen können. 

Wenn größere Kinder zum Beispiel so ein Karussell dauerhaft besetzten und gar kein Ende fanden, dann bin ich hingegangen und habe gefragt, ob meine Knirpse mal ein paar langsame Runden mitfahren dürfen und habe sie danach wieder vom Karussell fern gehalten. UND, ich habe meinen Knirpsen immer geholfen, indem ich das Karussell bei Bedarf angehalten habe und ihnen auch immer erklärte habe, dass sie sich gut festhalten und laut Bescheid geben müssen, wenn sie aussteigen wollen.

Also, versteht ihr worauf ich hinaus will?

Ich finde, es ist die Verantwortung der Eltern ihre Kinder altersgerecht/entwicklungsgerecht UND passend zur Situation zu begleiten.

Umgekehrt halte ich meine großen Kinder auch dazu an, vor allem wenn wir neu in eine Situation kommen und schon kleinere Kinder dort sind, auf die Kleineren Rücksicht zu nehmen.

 

Seht ihr das anders?

6 Antworten auf „Eine Situation auf dem Spielplatz und eine Verantwortungsfrage“

Liebe Beatrice,

Wenn alle Mütter so umsichtig handeln würden wie du, würde ich vielleicht sogar gerne auf Spielplätze gehen 😋 Leider ist das ja nicht immer der Fall.
Ich finde es aber sehr fragwürdig, dass die fremde Frau ein ihr unbekanntes Kind maßregelt, ohne die Mutter einzubeziehen. Hätte ich ein Problem mit dem Verhalten eines Kindes, würde ich glaube ich zuerst die Mutter ansprechen (wenn diese denn dabei ist) und nicht das Kind. So kann man Missverständnisse vielleicht eher vermeiden.
Herzliche Grüße nach Köln <3

Liebe Lea,
Danke für deine Worte und Gedanken dazu. 🙂
Ich/wir waren in diesem Fall als Eltern nicht aus zu machen, denn es waren einige Leute zugegen und da hatte man keinen Überblick. Wenn man etwas mitbekommt, was nicht in Ordnung ist und sich sonst keiner kümmert, finde ich es auch ok mal „Fremdzuschimpfen“. 🙂

Doch, klingt als hättest du das wirklich gut gemacht. Aber schwierig ist es trotzdem. Schwierige Themen dabei. Ich traue mich beispielsweise kaum, andere Kinder zu schimpfen. Ich mag es dann gar nicht mitansehen wenn andere Eltern,gerade auf Spielplätzen, dann irgendwo weit weg auf einer Bank sitzen und zb eine Situation in der sich ihr Kind völlig daneben benommen hat gar nicht mitbekommen hat. Dann ergreife ich auch Partei für mein Kind natürlich. Aber doch, du hast Recht mit dem Lernen und äußern Lernen müssen.

Danke. 🙂 Ich weiß nicht ob das immer alles richtig ist. Ich versuche es. Aber „Fremd“-Schimpfen finde ich wirklich ok, wenn es angebracht ist. Man kann ja seine Augen nicht immer überall haben.

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