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...und was es sonst noch gibt Schwangerschaft

Wie die Hausgeburt fast in die Hose ging

Diese Geburt stand unter besonderen Bedingungen. 

Zwar hatte ich im Vorfeld alle mir erdenklichen Varianten durchdacht und der Masterplan sah vor, dass die 3 Kinder bei meinen Eltern übernachten. (bzw der Sohn wollte kurzentschlossen entscheiden.) Die Großeltern wohnen in einer adäquaten Entfernung und die Kinder freuten sich ohnehin alle darauf nochmal bei Oma und Opa zu übernachten. Als Sommerferienevent. Im Zelt sogar. 

Dass meine Eltern kurzfristig als Betreuung ausfallen könnten, hatten wir nicht in Betracht gezogen. Aber tatsächlich ging es meiner 92 jährigen Oma, die schon länger von meiner Mama gepflegt wurde, schlagartig so schlecht, dass meine Eltern rund um die Uhr im Einsatz und zusätzlich alle beide von einem Infekt gebeutelt waren. Keine guten Vorraussetzungen, um auch noch drei aufgeregte Kinder zu hüten.

Somit besprachen wir die besondere Situation mit den Kindern und dass sie dann einfach eine oder zwei DVDs schauen dürften, bzw zu den Nachbarn oder Freunden gehen könnten. Einzig für Nachts wussten wir nicht so recht.

Sonntags dann, 3 Tage vor dem errechneten Geburtstermin ( und gleichzeitig Startschuss für den Urlaub des werden Vaters) hatte ich so eine Ahnung. Ich dachte schon, das Baby käme nachts. Ich sagte den Kindern und dem Mann nichts, ging aber einfach mal ausgiebig duschen und legte mir mein Handy neben dem Bett bereit. In der Nacht tat sich allerdings noch nichts.

Morgens hatte ich dann Bewegungsdrang und spazierte mit dem Sirenchen zum Bäcker Brötchen holen. Mir fiel auf, dass ich deutlich besser laufen konnte, als in der ganzen bisherigen Schwangerschaft. Irgendwas war anders. Zu Hause hatte ich dann eine sogenannte Zeichenblutung und dezente und immer wiederkehrende Wehen setzten ein.

Ich verkündete beim Frühstück, es würde nun nicht mehr lange dauern und war sicher das Baby spätestens am nächsten Tag in den Armen zu halten.

Der Mann blieb eher gelassen und glaubte nicht so recht daran. Dennoch folgte er meiner Empfehlung einfach schon mal einen Großeinkauf für ein paar Tage zu machen. Dann wären wir gerüstet. Die Kinder begleiteten ihn und ich genoss ein bisschen die Ruhe. Ich machte mir tatsächlich einen Reggae- Sender an und blieb die ganze Zeit entspannt in Bewegung.

Beim Mittagessen dann begann ich auf die Uhr zu sehen. Alle 15 Minuten gut spürbare, aber unanstrengende Wehen. Ich teilte den Kindern mit, die Geburt hätte begonnen. Spätestens am nächsten Tag hätten sie ihr Geschwisterchen. Ich war 100% sicher. Und die Kinder voller Vorfreude.

Kurz darauf begann ich letzte Kleinigkeiten, die ich noch nicht bereit liegen hatte, für die Hausgeburt vorzubereiten und registrierte alle 5 Minuten Wehen. Den Mann bat ich noch seinen Schreibtisch im Schlafzimmer frei zu räumen. Den Tisch würde unsere Hebamme brauchen, falls sie das Baby genauer untersuchen müsste. 

Ich musste dann auch das erste Mal inne halten und bewusst Wehen veratmen und entschied unsere Hebamme anzurufen. Mit Kindern zu Hause wollte ich keine Hektik riskieren. Es war irgendwas kurz nach 14 Uhr. Unsere Hebamme machte sich prompt auf den Weg und war gegen 14.40 ungefähr da.

Die Wehen kamen regelmäßig, die Kinder sprangen aufgeregt um mich herum. Ich hielt immer wieder inne und veratmete, fühlte mich aber noch rund herum wohl. Als unsere Hebamme ankam, saß ich im Schneidersitz auf dem vorbereiteten Bett, die Kinder halfen die Taschen hinein zu tragen und trafen auf der Straße noch unsere Nachbarin, die sofort nochmal anbot, die Kinder bei Bedarf zu übernehmen. Sie wäre zu Hause. Das war sehr beruhigend für mich zu wissen. Es ist schließlich nicht jeder zu jeder Zeit zu Hause.

Ich entspannte mich nun richtig, da sowohl die Kinderbetreuung 100% für alle Eventualitäten gesichert und meine Hebamme da war. Die Kinder schauten zu, wie ich einmal untersucht und die Herztöne unter eine Wehe kontrolliert wurden. Der Muttermund war 3 cm geöffnet, die Herztöne stabil und kräftig. Es war circa 15 Uhr.

Insgesamt bestand keine Eile. Der Sohn fand eine Geburt dann etwas langweilig, weil eine ab und an mal tief atmende Mama eher unspektakulär war. 😀 Als ich schließlich aber kaum noch sprach, mich sogar hinlegte (auf die für ich typische linke Seite) und mich mehr und mehr auf die Wehen konzentrieren musste, fragte er: „Ah, kommt jetzt die Phase, in der du nicht mehr sprechen möchtest?“ Ich nickte. Meine vorbereitenden Gespräche waren bei den Kindern also angekommen. 😀

Ich war dann tatsächlich ganz froh, als der Mann mit den Kindern nach unten Karten spielen ging und schon mal eine DVD in den Rekorder schob.

Ich blieb liegen, blickte durchs Fenster in den blauen Sommerhimmel und „tat meine Arbeit“.  Die Wehen waren nun sehr intensiv, aber gut aushaltbar. Ich vertraute meinem Körper. Unsere Hebamme saß neben mir und sortierte in Ruhe alle Dinge und Papiere, die so nötig sein könnten.

Ich versank in mir und genoss die Ruhe und die Herztöne wurden nochmals unter einer Wehe kontrolliert.  Alles lief entspannt und gut.

Schließlich wollte sich unsere Hebamme noch kurz unten ein Brötchen holen. Sie käme gleich wieder, sagte sie.  Ich fand das völlig in Ordnung. Ich würde einfach in Ruhe meine Wehen weiter veratmen. Ich hatte kein Gefühl der Eile.

So mit mir alleine versank ich weiter, entspannte noch mehr und gab mich den Wehen hin. Sie kamen und gingen in einer guten Intensität.

Unten hörte ich die Kinder plappern und dass der Mann die DVDs startete. Ach Mensch, das ist doch viel zu früh! Dann hörte ich den Mann und unsere Hebamme noch plaudern. Ach, wie behaglich! dachte ich.

Kurz, dachte ich das aber auch nur.

Urplötzlich rollten die Wehen Schlag auf Schlag in unerwarteter Heftigkeit ohne Pause herein. Ich wusste sofort was das bedeutet.

Das Dumme war nur, in dem Zustand konnte ich mich weder bewegen noch rufen. 😀

„Ich brauch ne Wehenpause. Ich brauch ne Wehenpause!“ Schoss es durch meinen Kopf. Gleichzeitig versuchte ich mich weiter auf die Wehen und das Atmen zu konzentrieren. Nur nicht in Panik ausbrechen, um nicht doch von unkontrollierbaren Schmerzen erfasst zu werden. Gleichzeitig wollte/musste ich einen Moment erwischen, um nach meiner Hebamme zu rufen. „Scheiße! Atmen!“ …Aufstehen? Geht nicht! ….“Den Schlüpper hab ich auch noch an! Scheiße! Atmen! Ich kann mich nicht……oaarrrrrrrrr….“ Da war schon ein Pressdrang….“Uuuuuuh….. atmen…atmen!“

Ich erwischte eine kurze Wehenpause und rief, wurde aber nicht erhört. Ich versuchte es nochmals und tatsächlich hörten die Kinder mich und der Sohn rief unten von der Treppe: „Ja, Mama!“  und sagte dem Mann und unserer Hebamme Bescheid. Ich brüllte derweil schon das erste Mal unkontrolliert in mein Kopfkissen. „AAAAAAAAAAAH!“  Das war eine Presswehe. Unverkennbar. Und mit ordentlich Power. Mit unerbittlichere Gewalt schob es in mir nach unten. „Ich hab noch die scheiß Unterbuxe an!“ dachte ich wieder etwas hilflos. Und da packten bereits die helfenden Hände meiner Hebamme zu und zogen mir den Schlüpper aus. Wir alle waren Null vorbereitet auf dieses abrupte Finale. 😀 (Und ich muss so lachen darüber. Ich hatte mir alles möglich ausgemalt. Hebamme im Stau. Blitzgeburt in der Nacht…. Aber nicht, dass ich einen solchen Schnellschuss starte, während alle da, nur nicht im selben Raum waren. 😂)

Tatsächlich schaffte ich es noch, mich in den Vierfüßler zu wuchten, denn auf der Seite liegend hielt ich es par tout nicht weiter aus. Der Mann war auch plötzlich neben mir, die Fruchtblase platzte und ergoss sich warm über meine besockten Füße und das Bett. „Fruchtblase…“, brachte ich schnaufend und erfreut noch hervor. Jetzt sind meine Socken nass!…Egal!, dachte ich. Und schon spürte ich, wie sich das Köpfchen ohne mein Zutun seinen Weg schaffte. Das bekannte brennende Gefühl in der Scheide gab mir Gewissheit und ich brüllte mit der Wehe nochmal in mein Kopfkissen und schob bewusst nicht mit. Der Druck war von alleine groß genug. Ich hörte meine Hebamme ruhige Worte sprechen ohne sie zu verstehen, ich vergrub mein Gesicht im Kissen und brüllte weiter da hinein. Ab jetzt war absolut der Autopilot am Werk. So ruhig ich die Eröffnungswehen veratmen kann, beim Finale ist zu viel Energie am Werk. Den Mann hörte ich so etwas sagen, wie: „Ich hab sie schon gehört!“ womit er das kleine Mädchen meinte, welches mit dem Körper noch im Geburtskanal steckte. 

Mit der nächsten Wehe, spürte ich deutlich die Drehung des Babys und der Körper wurde geboren. Unter mir lag mein kleines Mädchen und es weinte kurz ein bisschen. „Sie atmet!“ Dachte ich beglückt. „Und sie sieht aus, wie der Sohn!“

2 Stunden, nachdem ich meine Hebamme angerufen hatte, war das Kind also geboren.

 

Ich buxierte mich dann irgendwie auf den Rücken, zog mein Kleid aus und nahm mein Baby in Empfang, welches mir angereicht wurde. Völlig erleichtert, dass diese zwar kurze aber wahnsinnige Urgewalt der Wehen vorüber war und durchströmt von Glückshormomen. Und dann ist da dieser ganz besonderer Geruch, den so ein Neugeborenes umgibt….

Es verging dann eine Stunde mit Bonding und den ersten Stillversuchen. Die Kinder staunten und waren völlig verzaubert. 

Sie sahen sich alles genau an. Sie wissen jetzt wie ein frisches Neugeborenes aussieht. 

Nach einer Stunde (diese war verflogen, wie wenige Minuten) kam die Nachgeburt.

Während ich dann irgendwann in Begleitung meiner Hebamme zur Toilette ging, hielt das Sirenchen ihre kleine Schwester im Arm. Sie sollte danach noch oft erzählen, dass sie das neue Baby mit Käseschmiere und „frischem Bauchnabel“ halten durfte. 🙂

 

Wieder einmal bin ich überglücklich eine erfahrene Hebamme, unsere nun 4mal bewährte Hebamme, dabei gehabt zu haben. Eine helfende Hand mit versierten Handgriffen. Überblick. Ruhe. Sicherheit. Vertrauen. Ich brauchte wieder nichts weiter tun, als mich auf mich zu konzentrieren und konnte alles geschehen lassen. Ich bin überzeugt, dass diese Umstände für mich stets zu den entspannten und schmerzarmen Geburten beigetragen haben. Ich bin angenehmerweise auch wieder, trotz des rasanten Tempos, komplett heil geblieben. Das führe ich auch auf die maximal mögliche Entspannung zurück.

 

Und für die Kinder war es ein unvergessliches Erlebnis. Ich hoffe auch, dass meine Mädchen sich den überaus positiven Eindruck von Geburt erhalten können und so, falls sie mal Kinder bekommen, auch angstfrei und selbstbestimmt in die Geburt hinein gehen können. Egal wo und wie sie gebären wollen.

6 Antworten auf „Wie die Hausgeburt fast in die Hose ging“

Vielen Dank, dass Du dieses persöhnliche Erlebniss mit uns teilst!Ich freue mich sehr für euch😍!!Von ganzem Herzen alles Gute für die kleine Maus und eure Familie!

Liebe Bea, so wie ich es immer wieder genossen habe Dich und Deine Lieben in diesen wichtigen Lebenszeiten zu begleiten, so genieße ich auch wieder Deine Erzählungen und Bilder zu dieser Zeit. Wenn ich an Dich/ Euch denke, beginne ich sofort zu lächeln 🙃 und wünschte, Du bekämst noch mehr Kinder😆
Fühl dich und die ganze Rasselbande von Herzen umarmt und bald sehen wir uns zu einem herbstlichen Kuchenessen…
Alles Liebe, Nitya

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