Es scheint verrückt, dass ich im Zuge dieser extrem komprimierten Familienzeit nun ein Projekt gestartet habe.
Beim genauen Hinsehen ist es aber gar nicht so verrückt, sondern eine wichtige Konsequenz.
Mit 4 Kindern und davon einem Baby und Pandemie-Beschränkungen bleibt nicht viel Zeit für mich. Wenn ich sie nicht gezielt irgendwo reinquetsche, rausquetsche oder gar erzwinge, dann gibt es m i c h nicht .
Ich möchte mit niemandem darüber diskutieren, ob das nun mal manchmal so ist als Mutter. Denn ja, so ist es. Oft sogar.
Aber wenn die Phasen, aus welchen Gründen auch immer, zu lange andauern, dann m u s s das nicht sein. Nicht wenn mein Nervenkostüm so dünn wird, dass ich meinen Kindern nicht mehr geduldig begegnen kann.
Und eine Sache, die bei mir schon als Kind überaus entspannend wirkte und mich in eine Art wohltuenden Flow bringen kann, dann ist es kreatives Arbeiten. Immer, wenn es in meinem Leben ein übergroßes Maß an Anspannung gab/gibt kommt in mir das Bedürfnis hoch kreativ und handwerklich zu arbeiten. In mir sprudeln Ideen die raus wollen. Ein bisschen wie ein Ausbruch aus dem gegebenen Rahmen.
So habe ich mir schon vor Wochen Knetbeton bestellt, den ich zu kleinen Skulpturen verarbeiten wollte. Da mir jedoch dazu mal zwei Stunden am Stück fehlen, steht der Knetbeton verschlossen da und wartet. Verschlossen kann er warten- einmal angerührt leider nicht.
Was also könnte ich tun, was ich quasi überall und immer mal wieder schaffen und was zur Not wochenlang liegen bleiben könnte?
Da fielen mir die Puppen nach Waldorfart ein, die ich super schön finde. Ich hatte vor Jahren schon mal mit anderen Interessierten angeleiert einen Puppenkurs zu machen. Es scheiterte an Zeit und auch Geld. Ich dachte, ich könnte es nicht alleine schaffen eine solche Puppe zu nähen. Und so ließ ich es erstmal dabei.
Ich sah mich um und fand bei Maria von Mariengold Nähanleitungen und Sets zum Starten. (Wenn man so will, ist das jetzt unbezahlte Werbung an dieser Stelle.)
Da ich den Zeitaufwand nicht einschätzen konnte, gönnte ich mir zudem ihren Nähservice für die einzelnen Körperteile, so dass ich die Puppe nur stopfen und zusammen nähen müsste.
Sprich der Part des Nähmaschieneneinsatzes entfiel. Ich konnte alles andere von Hand nähen.
Ich machte mir eine Kiste mit allem, was ich brauchte und wann immer ich ein Zeitfenster hatte, nahm ich die Kiste mit in den Garten oder ins Kinderzimmer oder ins Wohnzimmer oder oder oder.
Mal konnte ich 10 Minuten etwas machen, mal eine gute Stunde.
Einen großen Teil der Perücke für die Puppe häkelte ich z.B. im Garten, neben dem Kinderwagen sitzend. Während ich häkelte, schuckelte ich mit einem Bein den Kinderwagen mit dem unruhig schlafenden Baby an. Wenn ich etwas zu tun habe, was mir Freude macht, bin ich auch geduldiger, wenn der Tag nicht nach Plan läuft.
Ich konnte damit also mein Bedürfnis nach me-time ganz annehmbar in die Anforderungen dieser Zeit integrieren.
Heraus kam Lilo. Lilo sollte eigentlich „Baby Twink“ (dazu gibt es eine Anleitung) nur mit einer anderen Haarfarbe werden. 😀 Tja, es ist etwas Eigenes entstanden. Das ärgert mich nicht. Denn genau die individuellen Ergebnisse bei allen kreativen Arbeiten sind am Ende das, was mich noch zufriedener macht. Ich starte immer mit einer Idee und oft sogar konkreten Vorstellung. Aber im Prozess kommen die Eigenheiten und Schwierigkeiten des Materials und meine persönlichen Fertig- bzw Unfertigkeiten zusammen und die Sache nimmt einen individuellen Lauf.
Wenn man Lilo genau betrachtet, so ist sie etwas schief und an manchen Stellen nicht ganz sauber zusammen genäht. Ich habe es nicht besser hinbekommen und wahrscheinlich fehlt auch einfach die Übung. Die Kleidung darf man sich auch nicht genauer ansehen.
Ich habe sie mir ohne Schnittmuster aus Stoffresten zusammen gebastelt.
Ich bin dennoch voller Stolz über dieses Püppchen. Und ich kann schon mal sagen, es ist nicht die letzte Puppe, die ich genäht habe. Die Kinder können sich schon mal freuen.
Lilo wird allerdings das Geburtstagsschenk zum ersten Geburtstag für unsere kleine Hummel. Die Kleidung habe ich deshalb auch so genäht, dass sie nicht bzw nur sehr schwer ausgezogen werden kann. Erfahrungsgemäß ziehen kleine Kinder die Puppen ja immer aus, was ich persönlich doof finde.
Ich bin gespannt, ob die Puppe lange hält. Wobei man sie ja gut reparieren kann. Ich weiß jetzt jedenfalls wie. 🙂
2 Antworten auf „Wie ich zur Entspannung eine Puppe nähte“
Die Puppe sieht totale süß aus ♡ Da wird sich das Hummelchen bestimmt freuen.
Irgendwie bekommt man da richtig Lust selbst kreativ zu werden.
Ich kann deine Entscheidung was kreatives in dieser verrückten Zeit anzufangen super verstehen…. auch wenn es erstmal nach verdammt viel Arbeit aussieht 😀
Eine tolle Idee, und ein großartiger Erfolg. Sie hat so einen lebendigen Gesichtsausdruck! Ich habe sie gleich ins Herz geschlossen, die Lilo.