Es ist 21.25 Uhr. Ich sitze neben dem unruhig schlafenden Baby. Oben höre ich, wie das wilde Mädchen für das Fuschulkind noch ganz engagiert und auf genaue Anweisung einige Felder in einem Freundebuch ausfüllt. Denn das Fuschulkind kann noch nicht schreiben und lesen. Muss sie ja auch nicht können. Wird sie in kürze lernen. Warscheinlich. Wie genau das aussehen wird, weiß noch niemand. Einschulung 2020- Corona-Edition. Oder auch: Wie wir lernen uns ständig neuen Bedingungen anzupassen. Letzteres ist ein Stichwort, welches speziell beim wilden Mädchen zu beachten ist. Sie hatte schon immer große Schwierigkeiten mit Unregelmäßigkeiten und sogenannten Übergängen. Wenn sich eine Sachlage ändert, so braucht sie Zeit um in der neuen Situation anzukommen und ist dann erstmal un-aus-stehlich. bzw kämpft mit heftigen Emotionen und leitet diese ungefiltert vornehmlich an mir ab. Das ist ein großes Kompliment, aber auch eine noch größere Aufgabe.
Und so begleiten mich ihre Ausbrüche seit März wieder regelmäßig und bekannt heftig und ich schramme ganz hart an meiner absoluten Geduldsgrenze entlang.
Abends wäre eigentlich eine gute Zeit, um mit dem wilden Mädchen entspannt ein bisschen zu plaudern und den Tag nochmal revue passieren zu lassen, aber das Baby lässt mich meistens nicht.
Mit dem Sohn müsste ich gerade auch abends mehr plaudern. Über Gott und die Welt und das Leben. Er kommt jetzt in so ein Alter, da löst er sich ein bisschen von uns Eltern und gleichzeitig sucht er aber auch unsere Nähe. Etwas ambivalent. Die Diskussionen, die wir teilweise mit ihm führen sind ziemlich nervenaufreibend und oft bluten mir die Ohren. Ein zwar begrüßenswerter Eigensinn setzt sich durch, der aber nicht in allen Lebenslagen günstig ist. Über einen anstehenden kleinen chirurgischen Eingriff müssen wir außerdem reden. Es ist wirklich nur ein kleiner Routineeingriff, den wir schon länger auf uns zukommen sahen. Der Sohn ist nun etwas aufgeregt, verständlich, und will alles genau wissen. Abgesehen von ein paar lästigen Terminen bevor es wirklich los geht, versuche ich ihm seine Angst zu nehmen. Was mir soweit schon gut gelungen war, bis eine dumme Bemerkung ausgerechnet von einem Erwachsenen die Sache nun furchteinflößender machte, als sie es je war. Vielen Dank! Ich fang dann quasi nochmal von vorne an mit meiner „Arbeit“.
Dann ist da noch das Fuschulkind. So mitten in der Wackelzahnpubertät mit allem was da zu gehört. Etwas destabilisiert derzeit. Im wahrsten Sinne, denn sie hat ein ausgesprochenes Talent durch die Gegend zu purzeln (physisch und psychisch). Freudig aufgeregt wegen dem neuen Lebenabschnitt ist sie außerdem. Aber auch traurig wegen des Kita Abschiedes, den wir diese Woche feiern. Zudem kam noch kurz vorm Ende eine kleine aufregende Geschichte auf, die sie etwas verunsicherte und sorgte, aber diese Sorge konnten wir gut auflösen. Das Thema wurde allumfassend bearbeitet und, Stand heute, das Fuschulkind hat dahingehend keine Angst mehr. Ich sehe das „Problemchen“ sogar als positive Auffrischung der eigenen Selbstwirksamkeit vor der Schule. Sie hat sich uns anvertraut und gesehen, ihr Problem wird ernst genommen und prompt „bearbeitet“. So kann sie gestärkt in die Schule gehen und etwaigen Unwegsamkeiten selbstbewusst trotzen.
Dazwischen gibt es hier zu Hause unter den Geschwistern gerade regelmäßig heftige Streitereien. Das war in der Form noch nie da gewesen. Ich denke da kommen mehrere Faktoren zusammen. Alle drei sind in so typischen Phasen, der noch immer nicht 100% gewohnte Alltag durch… ihr wisst schon, und die persönlichen oben angerissenen Baustellen. Die Nerven liegen etwas blank. Die Streitereien kann ich oft nicht unbegleitet lassen und hier und da muss ich mit einem Machtwort unterbrechen. Geht nicht anders.
Dazwischen gibt es immer wieder rührende gemeinsame Spieleinheiten.
Wenn wir hingegen gemeinsam unterwegs sind, sind die Kinder zu 95% super lieb miteinander. Bilderbuchgeschwister. Wenn nur nicht vor j e d e m Ausflug ein riesen Theater mit endlosen Diskussionen über unpassende Kleidung, passende, aber unbequem empfundene oder zu groß empfundene Kleidung oder zu klein empfundene oder wirklich zu kleine Kleidung oder zwickende Kleidung oder nicht gefallene Kleidung und Wanderunlust, neben minutiöser Logistik stünde….Puh
Dazwischen das Baby mit einer rasenden Entwicklung gerade. Wirklich toll! Man kann das Kind pausenlos beobachten und entdeckt ständig neues.
Der Mann kramt da außerdem gerade mit ein paar Themen hin und her…
Und oben drauf beschäftigt mich dann doch die Gesamtsituation mit dieser C-Kacke. Die spannt sich wie ein dicker Knüppel quer durch meinen Kopf. Wie wird die Zukunft aussehen? Das weiß man natürlich nie so genau und gerade kommt es mir noch ungenauer vor. Aber ich bin ja auch keine Zukunftsforscherin. Mich tröstet, dass unsere Kinder in diese Zukunft, wie auch immer sie aussehen wird, hinein wachsen und schon klar kommen werden. Hoffe ich.
Ich empfinde diese Zeit gerade als wahnsinnig dicht hinsichtlich emotional anspruchsvoller Aufgaben.
Wie geht es euch?