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...und was es sonst noch gibt #coronaeltern Mama Error

Die Übergangsphase oder emotional unruhige Zeiten

Bei einer Geburt gibt es 4 Geburtstphasen. Und eine Phase ist die mit Abstand unangenehmste. Die Übergangsphase. (Für Unwissende:Diese ist die dritte Phase kurz vor der sogenannten Austreibungsphase, dem großen Finale.) 

In der Übergangsphase wurde ich immer überrollt von unsäglich intensiver Power meines Körpers. Die Wehen waren stark und ohne Pause und in mir bäumte sich Widerstand gegen diesen Zustand auf. Ich wusste zwar, es würde nicht mehr lange dauern bis ich aktiv mit machen konnte und doch wollte ich in diesem Zustand immer alles hinschmeißen. Denn das Schwierige in der Übergangsphase ist: Man kann nicht wirklich aktiv mitmachen. Es ist die Phase, in der ich innerlich fluchte und jammerte und einfach nur noch wollte, dass es ganz schnell aufhört. Ich wehrte mich stets zu Beginn dieser Phase  gegen die Übermacht der körperlichen Gewalt, egal wie gelassen und unbeschwert ich die vorangegangene Phasen gemeistert hatte. Aber ich musste begreifen (und tat das zum Glück immer schnell), dass ich mir selbst keinen Gefallen durch die Abwehr dieses Vorgangs tat. Meine einzige Möglichkeit durch diese Phase zu kommen, war dem körperlichen Prozess zuzuarbeiten. Sprich: Atmen und IN diesem Moment bleiben und vertrauen. Sonst nichts.

Ich fühlte mich in den letzten Tagen und unserem „Corona-Disztanzlernen-Winter-Alltag“ genau wie in einer Übergangsphase.

Mir gingen die Farben aus. Die Farben in Form von Erinnerungen, die ich gesammelt hatte, um durch diesen speziellen Winter mit dem bösen C zu kommen. Sie verblassten eine nach der anderen. Mich lange getragene Tagträume und Erinnerungen waren nur noch schwer anzuzapfen. Genau genommen gar nicht mehr. Alles war/ist eintönig und gleich. Gleichzeitig scheint die Zeit zu rasen. Es passiert ja auch nichts. Alle Tage sind nahezu gleich. Grau in Grau. Innen wie außen.

Meine sonst regelmäßig gedrehten Runden draußen fallen aktuell auch weg, weil ich morgens nicht los komme, wegen dem Homeschooling mit drei Grundschülern…., ich nachmittags die Hummel lüften muss und die will selbst laufen und am Wochenende ist es mir bei schönem Wetter zu voll bei uns im Grünen. Da gehen ja ALLE spazieren dann. Und meine Motivation bei strömendem Regen los zu ziehen ist auch dahin.

Und so sehr ich die Natur liebe, sie kommt mir gerade sowieso an den Ohren raus. Ich habe in dem letzten Jahr genug Wald gesehen. Ein bisschen Schnee kann da kurz aufheitern, aber nur kurz, denn ich hasse Winter. Vor allem, wenn alles nur noch graue Matschepratsche draußen ist und ich so friere, dass ich auch keine Lust mehr habe etwas Schönes anzuziehen. Genau das täte ich aber gerne zu meiner Erquickung. Und ich würde gerne in eine Stadt fahren. Und ein paar mir wichtige Menschen würde ich auch gerne sehen und mal wieder drücken. Und das, obwohl ich gar nicht unbedingt dieses ganze Geherze und Gedrückte von jedermann brauche. Ich komme ganz gut ohne das ganze Bussi-Bussi aus. Aber bei einigen Menschen fällt es mir gerade dann doch sehr schwer. Wobei, ich sehe sie ja eh nicht….

Dann keimten bei mir so Ideen auf. Ich würde so gerne wieder mehr malen und habe mir sogar ganz tolles Papier bestellt. Doch die übervollen Tage mit dem immer gleichen Trott, ließen zunehmend weniger Raum für kreative Ergüsse. Die letzten beiden Wochen sagte ich mir immer: Heute abend, wenn die Kinder schlafen, dann… 

Aber dann war ich zu müde. Gar nicht zum Schlafen müde, weil ich körperlich nicht wirklich ausgepowert war, aber im Kopf müde. Ich setzte mich immer öfter vor die Glotze. Ich stellte dann aber nach einigen Tagen fest, dass ich ein für mich zu drückendes Programm gewählt hatte. Es zog mich noch mehr runter. Ich wich, als ich das begriffen hatte, auf sogenannte Feelgood-Filme aus und siehe da…..das erheiterte mich. Es half! Jedenfalls kurzfristig für den entsprechenden Abend.

In den letzten Tagen brauchte dann aber unser Hummelchen  beim Einschlafen wieder etwas mehr Support, wegen ihrer Entwicklungsphase (Das Sprachupdate wird aufgespielt) und 4 drückender Eckzähne. Das unterbrach mein abendliches Feelgoodprogramm. Und ich war richtig wütend und motzig deswegen.

Kurz war ich ziemlich arg genervt, mutlos, traurig, lahm und hoffnungslos. Das war letzte Woche mal ganz schlimm.

Doch dann setzte das Annehmen dieser „Übergangsphase“ ein. Ich nahm an, dass die Kinder gerade mehr brauchen, dass ich nicht dazu komme ein annehmbares Maß an Ordnung herzustellen, dass ich abends müde bin und dass das Papier, welches ich mir zum Malen bestellt hatte auch nicht verdirbt, wenn es eine Weile ungenutzt rum liegt. Die mangelnde Bewegung draußen wollte ich auch auf neue Art ersetzten.

Und schwups…..ich hab mich vorerst wieder gefangen. Einige Farben leuchten wieder und die Erinnerungen flackern hier und da wohlig warm auf. Blitzworkouts (keine Ahnung ob es den Begriff gibt) werden seit einer Woche konsequent in jeden günstigen Moment eingebaut (Was mich sehr zufrieden macht und mich meinen Körper wieder spüren lässt. Ich hab Muskelkater! Yeah!) 

Und abends läuft es auch wieder geschmeidiger und ich habe Energie für Kreativität. Ich könnte stattdessen auch putzen und mehr aufräumen, aber meine innere Ausgeglichenheit ist mir da wichtiger. Die brauche ich noch eine Weile. Denn bis Mitte Februar ist ja auf jeden Fall noch kompletter Ausnahmezustand.

Und so male (Beitragsbild ist gestern entstanden) und nähe und blogge ich bis zum nächsten Tief. Das war bestimmt nicht das Letzte bevor die Welt wieder halbwegs normal funktioniert.

Wie kommt ihr denn  aus euren Tiefs heraus?

P.S. Laute Musik hören und durch die Wohnung tanzen hilft übrigens auch. Hatte ich ganz vergessen aufzuzählen.

3 Antworten auf „Die Übergangsphase oder emotional unruhige Zeiten“

Hallo, vielen Dank für diesen mal wieder sehr treffenden und vortrefflichen Text!

Was bei mir gegen die der aktuellen Ereignislosigkeit geschuldeten Tiefs hilft:

– Das Kaufen und Lesen von teuren Hardcover Neuerscheinungen, die ich mir unter ’normalen Umständen‘ nicht gegönnt hätte, von denen ich aber weiß, dass ich mich dann den ganzen Tag auf den Sprung in die Lesewelt freue, wenn die Kinder abends irgendwann mal eingeschlafen sind (zuletzt das aktuelle von Joachim Meyerhoff, man ist das wieder gut).

– Moderater Alkoholkonsum. Schon ein Glas Wein führt bei mir zu angenehmer Entspannung und bildet die dringend benötigte Grenzlinie zwischen der täglich Murmeltier-mäßig grüßenden Mamaaa-Rufbereichschaft und dem ‚Feierabend‘ mit einem Hauch freier Zeit.

– Einen Instagram-Account mit unseren Lastenrad-Fotos der letzten Jahre füllen 😉
Nachdem ich eine regelrechte social-media-phobie an mir bemerkt habe (es kann ja doch schnell alles zuviel werden, finde ich), macht es mir aktuell gerade Spaß die gesammelten Bilder unter einer neuen ‚Überschrift‘ durchzugehen.

Ich grüße Dich herzlich aus Köln,
Nina

Liebe Beatrice,

Ich kann dir nur von Herzen DANKE! sagen.
Für deine Beiträge, Ideen und einfach 5 Minuten Mama- Leseauszeit am Tag.
Du sprichst mir ganz oft aus der Seele, ich habe deinen Blog durch Zufall gefunden.
ich bin einfach dankbar hier mitlesen zu dürfen.
Meine Jungs sind fast 3 und fast 6; wild und mutig und richtige „Draussenkinder“…
Mir geht es wie dir, obwohl ich den Wald sehr liebe kann ich grade keinen Wald mehr sehen!

Versuche grade auch das „kopfkino“mit Farben, Blumen, Frühling, tollen Anziehsachen, Kunst zu füllen…
Im geiste pflanze ich Balkon und Pachtgarten neu an 🙂
Starte mit Kresse und Bohnen auf dem Fensterbrett..
Und notiere mir täglich 5 Dinge für die ich dankbar bin.

Ich drücke dich unbekannterweise,
Wir schaffen das!
Liebe Grüße aus Franken,
Sonja

Liebe Beatrice!

Herzlichen Dank für deinen tollen Blog. Ich lese ihn unglaublich gerne und finde er ist der beste Blog, den ich kenne! Ich habe drei Kinder und unsere kleine ist zwei Monate jünger als dein Hummelchen. Es tut mir sooooo gut von euren Hochs und Tiefs zu lesen, du schreibst so toll. Ich bin dir echt dankbar dafür, ich bin so gefangen im Hamsterrad aus Homeschooling und Kleinkindbespaßung, da ist es ein echtes Highlight für mich deinen Blog zu lesen. Trotz Familie fühle ich mich im Moment einsam, mir fehlen andere Erwachsene und mir fehlt meine Arbeit. Allen Kindern gerecht zu werden und immer mit Augen und Ohren überall gleichzeitig sein zu müssen, das stresst mich. Ich sehne die Zeit herbei, wenn ich wieder eine Sache nach der anderen machen kann. Was mir hilft ist alle drei Kinder ins Babboe zu packen und auf dem Weg zum Spielplatz vor mich hin zu träumen. Und abends eine Stunde auf der Couch vor dem Fernseher zu sitzen…
Danke dir vielmals!

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