Mein Sohn, du bist jetzt definitiv kein Kleinkind mehr. 6 Jahre ist es her, dass ich dich das erste Mal in meinen Armen hielt.
Du warst so klein und wirktest so zerbrechlich. So eigentümlich markant im Gesicht. Du sahst so „erwachsen“ aus. Aber ich war sofort verliebt in dich kleines wundersames Geschöpf.
Du hast wenig geschrien. Du warst ein stilles und mürrisch dreinblickendes Kerlchen. Kritisch, warst du. Manchmal dachte ich, du seist ein weiser alter Mann in Gestalt eines Säuglings.
Ich saß die ersten Wochen stundenlang mit dir da und starrte dich an. Manchmal weinte ich vor Glück, Müdigkeit oder Sorge. Oft lachte ich. Die meiste Zeit staunte ich.
Du hast viel gedöst. Manchmal hast du dich erschreckt. Dann hast du tief und deutlich hörbar eingeatmet und deine langen Ärmchen zur Seite gestreckt. Dazu hast du manchmal geblinzelt. Das sah sehr witzig aus.
Und vielleicht weil ich dich die erste Zeit so viel angesehen habe, konnte ich jede kleinste Regung in deiner Mimik deuten. So wusste ich immer sofort, ob dir etwas behagte oder nicht behagte, auch wenn du nicht geschrien hast.
Geschrien hast du nur abends und meistens, wenn zu viel Trubel gewesen war.
Mit den Wochen und Monaten wurde aus dir ein propperes Kerlchen. Ich musste vor allem Hosen 2 Nummern größer kaufen, damit sie dir am Bund passten. Die Hosenbeine schlug ich alle zweimal um.