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Es könnte so einfach sein

Protokoll am Morgen- Zwischen Wahnsinn, Grab und Liebe

Vorwort:

Am Freitag Abend war ich ziemlich angestrengt, weil die Kinder sich den ganzen Tag wie Wahnsinnige aufgeführt hatten und zu allem Überfluss angaben, sie wären so aufgeregt wegen Weihnachten. Ich freue mich schon auf die nächsten 5 Wochen/6Wochen? Wie lange geht das jetzt so? Oh weia.

Zu allem Überfluss bin ich etwas angeschlagen und war dann abends komplett heiser.

Als der Mann nach Hause kam und mich mit Fragen löcherte, knurrte ich ihn an. Er meinte: „Ach, die zweite Zyklushälfte hat also angefangen.“

Darauf reduziert zu werden finde ich unter aller Kanone, wenn man die Vorgeschichte des Tages nicht kennt, aber meine eindringliche Heiserkeit unterband lauten Protest.

 

Samstag morgen

Da es nun doch winterähnliche Temperaturen bei uns hat, bat ich die Kinder sich entweder der Jahreszeit passend fertig anzukleiden, oder aber die Kuschelhosen und Pullis vom Vorabend über ihren Schlafanzug zu ziehen.

Das Knöpfchen fand sich dennoch ausschließlich besockt und im dünnen Nachthemd am Frühstückstisch ein und skandierte, sie wolle SOFORT ein Müsli, sie würde sonst sterben.

Ich bat sie, sich zuvor noch wenigstens einen Pulli anzuziehen, denn hier sind alle erkältet und sie fühlte sich an Armen und Beinen schon eiskalt an. 

„Boaaah! Den Pulli finde ich nicht! Und ich bin viel zu hungrig um den zu suchen! Ich geh doch jetzt nicht nochmal HOOOOCH!“ kreischte es.

Ich unterbrach meine Frühstücksvorbereitungen und sagte ruhig: „Ich gehe mit dir hoch und helfe dir.“

Sie weigerte sich schrill jaulend mit zu kommen, also holte ich alleine seufzend eine Kuschelhose und einen Kuschelpulli. MIR war es wichtig, dass sie sich warm kleidet. Ich habe keine Lust auf kranke Kinder, wenn es sich vermeiden lässt.

Ich half ihr sogar beim Überziehen. Sie kreischte: „Ooooooaaaah! Ich hasse den Pulli! Und die Hose ist doof und hässlich, die ziehe ich nicht an! Ich will nicht!“

„Willst du lieber krank werden?“

„Ich mag die Hose nicht!“

„Du kannst dich ja auch schon richtig anziehen.“

„Nein.“

„Das ist ja jetzt auch keine Modenschau, sondern nur Frühstück. Es geht nur um die Wärme beim Frühstück. Dann tauschst du nachher alles. Du fühlst dich schon ganz kalt an überall.“

Das Kind ließ das Ankleiden mit lautem und künstlichen Auaua (Es gab körperlich keine Schmerzen, die hatte sie alleine im Kopf) Rufen über sich ergehen und heulte dann, sie wolle sofort Müsli.

Stumm servierte ich das Müsli.

Das Kind wiederum kreischte auf, sie wolle das Müsli erst NACH einem Brot. „Du blöde Mama! Nie verstehst du mich!“

Ja. Das stimmt. Wenn ich angekreischt werde, man wolle SOFORT Müsli und dann man wolle doch erst Brot, dann verstehe ich nur noch Bahnhof.

Sie schob ihr Müsli zur Seite und kreischte: „Das musst du nachher neu machen! Das esse ich nicht!…Blöde Mama!“

Ich sagte einfach nichts, denn das hätte ohnehin nichts gebracht.

Ich schnitt Brot auf und machte mir seelenruhig ein Honigbrot. Ihr legte ich auch eine Scheibe auf den Teller.

„DAS Brot will ich nicht! Ich will das andere!“ schrilles Jaulen

„Gestern Abend hat es dir sehr gut geschmeckt.“

„Ja, aber heute nicht! Ich will das andere!“ schrilles Jaulen

Ich schnitt eine andere Scheibe ab, stellte ihr Honig hin und erntete den nächsten Zorn.

„Du hast den Honig fast leer gemacht!“

„Und du hast schon genug auf deinem Brot. Außerdem ist noch ein Glas da.“

„Blöde Mama!“

Atmen

Das Kind versuchte sodann das Brot zu schneiden, was nicht gelang und zu weiterem schrillen Geheule führte. Meine Ohren….diese Tonfrequenz geht gaaaar nicht.

Ich bot meine Hilfe an, schnitt durch…..

„Ahhhhhhh! Da ist jetzt Butter dran! Ich mag keine Butter! Du hattest Butter an deinem Messer!“ 

(Das stimmte nicht, denn ich gehe nur mit sauberen Messern in Honiggläser, da bin ich ein Nerd)

Ab diesem Moment starrte ich nur noch leer vor mich hin und registrierte, wie meine Speiseröhre ihren Dienst kurzfristig eingestellt hatte. Kaffee und Brot steckten fest.

Als die Geschwister an den Tisch traten und sich ebenfalls Müsli machten, kreischte das Knöpfchen: „Oaaaar, jetzt habe ich nix mehr für mich!“

und

„Mama, soll ich dich mal hauen?“

Hä? Ok, mit Ratio war nix mehr zu machen.

„Soll ICH dich vielleicht mal hauen?“ (Man mag das eine schräge Frage finden, aber ich wollte ihr mal das Gefühl zurück geben. Und schräg sind wir sowieso und verstehen uns schon richtig.)

„Nein, ich haue dich! Ich schneide dich in Stücke!“ fauchte es.

(Da kommt die Reinkarnation des tatsächlich jähzornigen Ur-Opas wieder zum Vorschein. Das Kind war wie von Sinnen.)

„Ja, dann bin ich danach wohl tot, wenn du mich in Stücke schneidest und DU musst dich um alles kümmern hier.“

„Nein, ich kann das noch gar nicht!“

„Ich will nicht, dass du vor uns stirbst! Dann liegst du außerdem ganz kaputt geschnitten im Sarg!“ mischten sich die Geschwister ein. „Wir wollen, dass du erst stirbst, wenn wir auch schon alt sind. Das wäre anders viel zu traurig.“  (Das Thema haben wir gerade öfter. Eine Form von zukünftigem Trennungsschmerz aufgrund einer neuen Erkenntnisstufe.)

Wenn auch in einer schrägen Situation noch schräger vorgetragen….da lag Liebe in der Luft…..

Ich atmete einfach und würgte Kaffee und Brot runter und dann war der Spuk vorbei, so schnell wie er gekommen war. Das Knöpfchen aß Brot, Müsli und noch ein Müsli und war wieder das friedlichste Kind und ich plötzlich auch wieder eine liebe Mama.

Die Geschwister gaben sich derweil Mühe das Mobiliar und eine Lichterkette zu zerlegen.

Mein überaus trockener Vortrag darüber, dass das Christkind dann einfach neue Esszimmermöbel statt Spielzeuge brächte und sie sich ihre Leuchtmittel für den nächsten St. Martinszug von ihrem Taschengeld kaufen müssten, da ich es nicht einsehe ständig neues Zeug zu kaufen, weil sie nicht sorgfältig damit umgehen, führte zu einer Beruhigung der Gesamtsituaton. 

Vorerst.

Der Mann wollte bevor er zur Arbeit fuhr noch eine Runde mit den Kindern spielen. Ein Gesellschaftsspiel. Es war noch Zeit.

Während ich seine Anzughose reparierte, hörte ich ihn streng die Spielteilnehmer regulieren. Das Sirenchen motze, weil sie sich aktuell schwer tut Spielregeln zu akzeptieren, die sich zu ihrem möglichen Nachteil auswirken. Der Sohn spielte komische Strategien, die für niemanden zielführend waren und das Knöpfchen saß maulend am Spielfeldrand und fühlte sich immer übergangen. 

Dazu sangen und summten die Kinder unentwegt. Jeder was eigens, versteht sich.

Der Mann sprach: „Was ist denn los mit euch? Kann man mit euch nicht ganz normal ein schönes Spiel spielen?“

Und später etwas genervt: „Müsst ihr eigentlich alle drei pausenlos Geräusche machen?“

Mit zurückgewonnener Stimme kam mein Konter aus dem Off: “Ach, bist du in der zweiten Zyklushälfte angekommen?“

Also, ICH fand´s komisch. 😀

Und während nun der Mann zur Arbeit entflohen ist, die Kinder im Kinderzimmer ein Hörspiel hören, konnte ich  diesen Text tippen.

 

Und? Wie läuft´s bei euch so?

4 Antworten auf „Protokoll am Morgen- Zwischen Wahnsinn, Grab und Liebe“

😀 😀 😀 Ich musste so lachen!! Genau der passende Kommentar!
Es erinnert mich ein bisschen an die erste Zeit mit unserem ersten Kind, wo ich manchmal völlig erschöpft abends das Kind dem Mann in den Arm drückte und er gar nicht verstand, warum mich der Tag so angestrengt hatte. Dann war es soweit, dass ich das erste Mal wieder tanzen ging, in meiner alten Tanzgruppe in der Stadt, wo ich vorher gewohnt hatte. (Das nur für alle, die sonst noch mitlesen; Du weißt ja, wovon ich spreche. 😉 ) Ich war also ca. drei bis vier Stunden weg. Kommentar meines Mannes: „Jetzt weiß ich, warum Du abends immer so müde bist.“

Ach ich hab gerade so gelacht! Soll ich dich mal hauen – das hab ich auch schon so gefragt 😂 – herrlich. Leider kommt mir dieses Geknatsche vorm bzw. beim Frühstück sehr bekannt vor. Und ich als bekennender Morgenmuffel kann da gar nicht mit. Atmen, atmen, atmen sag ich nur. …

Liebe Annika,

ich bin auch Morgenmuffel und es fällt mir auch äußert schwer. 🙂 Wenn man eigentlich gar nicht sprechen möchte und dann aber bis aufs Dorthinaus gefordert wird… 😀 Hach jaaaa…

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