Das Knöpfchen ist toll. Vor allem ist sie eine spannende Zeitgenossin. Sehr, sehr, seeehr kreativ im Spiel. Fantasievoll. Liebenswert. Charmant. Selbstbewusst. Und immer für eine Überraschung gut.
Aber sie ist auch bekloppt. Voll. Ich meine das lieb!
Denn, ich liebe „Bekloppte“. Elegant ausgedrückt würde man wohl ohnehin sagen: Wir sind in dieser Familie alle etwas unkonventionell.
Im Streit mit anderen
Zurück zum Knöpfchen. Es beschlich mich schon länger der Verdacht, dass sich in ihren Erzählungen allzuoft Fantasie und Realität vermischen. Das ist ok, wenn es sich nicht um zu klärende Sachverhalte handelt.
Im Sommer bekam ich einen handfesten Beweis dafür, die Geschichten vom Knöpfchen in der ersten von ihr erzählten Version erstmal so stehen zu lassen, alle Kerninvormationen zu filtern und dann mindestens einen Tag abzuwarten, bevor ich reagiere.
In der KiTa hatte es einen harmlosen kleinen Streit gegeben, in dem das Knöpfchen maßgeblich beteiligt war. (Eine Erzieherin erzählte mir beim Abholen davon, in Abwesenheit des Knöpfchens. )
Das Knöpfchen wurde in der Streitsituaton gebeten mit dem Ärgern aufzuhören, was sie nicht tat und nach mehrmaligem Ansprechen ohne Einsicht, musste sie mal ihr „Spiel“ für einen Moment unterbrechen. Daraufhin war das Knöpfchen sehr sauer auf ihre Erzieherin.
Zu Haus erzählte mir das Knöpfchen auch von dem Vorfall und tischte mir die Geschichte in einer ausgeschmückten etwas anderen Version auf, in der sie völlig unschuldig war. Blumige Worte. Völlige Überzeugung und Empörung über das Unrecht, welches ihr angetan worden war. Sie war drin in ihrer Version. Gefühlt mit Haut und Haaren.
Das ein oder andere Detail kam mir, ungeachtet der Version der Erzieherin, allerdings schon spanisch vor. Ich unterdrückte ein Schmunzeln und hörte aufmerksam zu. Es blieb etwas wirr. Ich kommentierte das alles dann mit den Worten: „Das ist ja nicht so schön und drückte das aufgebrachte Kind mal fest.“
Am nächsten Morgen erzählte sie mir unaufgefordert beim Frühstück nochmal die Geschichte des Streits. Überraschenderweise ließ sie ihre aufgeregten Ausschmückungen des Vortages alle weg und berichtete mir haargenau die selbe Version, die ich auch von der Erzieherin kannte.
Anscheinend schmückt das Knöpfchen in ihrer Aufregung gerne aus und wenn sie sich wieder beruhigt hat, kommt der nüchterne Kern des Sachverhaltes zu Tage.
Ich hatte es schon öfter beobachtet, aber nie ein so handfestes Beispiel erlebt.
Wenn sie müde ist
In ihrer gefühlten Wirklichkeit kann das Knöpfchen aber auch in Situationen völlig irrsinnig werden und ständig in ihren „Wünschen“ springen.
Wenn sie nämlich mit einer Gesamtsituation unzufrieden ist und dafür selbst keine Worte oder gar Gründe weiß, dann findet sie welche.
So war sie neulich nach der KiTa sehr müde. Sie war auch ein wenig erkältet und etwas schlapp. Am liebsten wäre sie gemütlich zu Hause geblieben, aber das klappte an dem Tag leider nicht. Wir mussten, dafür aber noch mit einer anderen Mama und zwei Kindern, Richtung Judohalle. Das mag das Knöpfchen sonst gern.
Sie maulte daraufhin ziemlich ausdauernd, sie wolle dann bei der Freundin im Fahrradanhänger mit fahren. Nicht bei mir im Lastenfahrrad.
Ich erklärte ausdauernd, warum es super lieb wäre im Lastenfahrrad mit der Babyschwester mit zu fahren. Und außerdem geht der Weg etwas Berg auf und da muss die andere Mama nicht ein schweres Kind zusätzlich im Hänger ziehen.
Das Knöpfchen maulte.
Während die Jungs beim Judo waren, vertrödelten wir die Zeit im nahegelegene Einkaufszentrum.
Beim Bäcker wollte das Knöpfchen dann ein Schweineohr. Dringend! Sie zeigte auch drauf. (Ich betone das extra, denn….lest selbst) Das war allerdings ein ziemlich großes Gebäckstück und die anderen Kinder wollten Quarkbällchen. Ich entschied und teilte mit, es gäbe einfach für alle Quarkbällchen, dann sei es gerecht und auch besser zu essen. Das Knöpfchen beklagte dann sehr ausdauernd, sie hätte aber doch dringend und schon die ganze Zeit einen Berliner gewollt und zeigte auf die Berliner. Drama. Die Quarkbällchen in Mini-Berliner umzutaufen, brachte es auch nicht.
Dann versuchte ich die Kinder schließlich mit ihren zuckrigen Fingern davor zu bewahren in einen Modeschmuckladen einzufallen und sagte dummer Weise: „Kommt, wir gucken mal, ob da um die Ecke schon wieder das Karussell steht.“
Sie liefen los, immerhin weg vom Modeschmuckgeschäft. Alle bis auf das Knöpfchen beachteten kaum mehr das Karussell, sondern liefen stattdessen eine Rolltreppe hoch und runter. Ich sang dazu ein bisschen Rolltreppe runter-Rolltreppe empor, hellblaue Mütze, Lutscher hinterm Ohr…. Habt ihr jetzt nen Ohrwurm? Gern geschehen. 😀 🤐
Das Knöpfchen begleitete meinen Gesang durch Kreischen und heulte ab diesem Moment, sie wolle Karussell fahren.
Egal, was ich als Alternative anbot und erklärte….die Sache war verfahren. Ich verriet ihr sogar, dass ich eine Karrusselfahrt in den Adventskalender stecken würde. Half alles nicht.
Auf dem Rückweg kamen wir wieder beim Modeschmuckgeschäft vorbei. Die Mädchen wollten dringend einmal schauen. Als wir gehen wollten, schwoll des Knöpfchens Geheul wieder an. Sie hätte schon IMMER und dringend eine Armbanduhr gewollt. (Von diesem Wunsch hörte ich das erste Mal!) Genau diese da im Regal! Und die müsse es JETZT sein, sonst würde sie nie wieder glücklich.
seufz
Als ich sagte, sie könne sich eine zu Weihnachten wünschen und überhaupt, sie könne ja noch keine Uhr lesen, jaulte sie wieder, sie wolle aber Karussell fahren.
Ich hatte es ab dem Bäcker und mit dem Karussell final verkackt. Ich kenn sie doch. Ich hätte es klüger anstellen können. Aber hätte, hätte Fahrradkette…Ich musste es nun aushalten. Ich erduldet stoisch ihr Geheul und ertrug ihre hilflosen Versuche sich durch Knuffen und mich in den Jackenärmelbeißen abzureagieren. Ihr Frust war groß.
An der Turnhalle angekommen war der Spuk dann allerdings wieder vorbei.
Auf dem Rückweg gab es nochmal ein kurzes Aufflammen ihrer Gemütslage. Sie hatte sich überlegt, sie wolle neben den Fahrrädern her rennen. Da hätte sie Lust drauf und sie sei ja schnell. Das erlaubte ich dann allerdings auch nicht, denn es war schon spät und wir mussten zügig nach Hause.
Schon alleine damit sie schnell schlafen könne, denn sonst sah ich den nächsten Tag schon in ähnlicher Weise verlaufen.
Wenn die Begeisterung mit ihr durch geht
Sie kann wundersame Geschichten allerdings auch in fröhlichen Momenten voller Überzeugung erzählen.
Erst ganz frisch waren wir bei Freunden, die Kaninchen haben. Das Knöpfchen fütterte diese und berichtete dann haarklein, wie die Häschen alles gefressen hätten und wie süß und überhaupt. Sie würde sich ja mit Häschen auskennen. (Soweit so gut. Aber dann ging es los.) Denn sie wäre mal auf einem Geburtstag gewesen und da hätten sie ein Kaninchenspiel gespielt. Auch mit echten Kaninchen. Und sie erzählte und plapperte, was sie da alles über Kaninchen gelernt hätte und wie das genau alles abgelaufen war. Man hätte es glauben können.
Was soll ich sagen: Sie war noch nie auf einem Kindergeburtstag mit Kaninchen, die im Geburtstag involviert waren! Echt nicht!
Es sei denn, sie lebt in einem Paralleluniversum. 😀
Entscheidend ist: Ich hab sie furchtbar lieb.
Hier und auch dort.
Eine Antwort auf „Das Kind im Paralleluniversum“
Ich finde es so schön zu lesen, wie warmherzig du mit deinen Kindern umgehst und wie genau du sie beobachtest und einschätzen kannst ❤️
Bummelkasten wird hier übrigens auch von allen drei Kindern heiß geliebt und täglich gehört. Ich habe deshalb ständig einen Ohrwurm 😃
Ich wünsche euch einen guten Start in die Woche!
Herzliche Grüße, Lea