Schon länger fühle ich mich ziemlich an „die Leine gelegt“ durch die Hummel. Und ich frage mich, wie das kommt, dass dieses Kind so anhaltend anhänglich ist. Es gab in ihrem Leben keine einzige Situation in der sie alleine gewesen ist. Ich bin auch noch nie unangekündigt irgendwo ohne sie hin gegangen. Ich habe immer alles was ansteht rechtzeitig kommuniziert und erklärt. Sie hat noch nie alleine geschlafen. Sie wurde nirgends vergessen und ging auch noch nie verloren. Und dennoch hat sie ein übersteigertes Sicherheitsbedürfnis. Vornehmlich nach sicherer Begleitung von mir. Dabei machen alle anderen Familienmitglieder einen ebenso zuverlässigen „Job“.
Obwohl sie mittlerweile unfassbar gerne in die KiTa geht, gibt es immer wieder Tage, an denen sie meinen morgendlichen Aufbruch zur Schule beweint und bei mir bleiben will.
Für die Hummel ist es extrem wichtig, zu wissen wann und ob ich sie zur KiTa bringe und dort auch wieder abhole. Zum Glück toleriert sie mittlerweile gut auch Unregelmäßigkeiten, so dass auch Papa, Opa oder Oma sie ohne größeres Theater abholen können. Sie muss sich nur auf das Abgesprochene verlassen können.
Die aktuelle KiTa-Krise macht den Alltag allerdings schwierig und unberechenbar. Ist zum Beispiel Notgruppe und ich behalte sie zu Hause, ist sie sehr unzufrieden mit der Situation und fragt nach Aktivitäten. Ich muss das Gemaule, warum sie nicht zur Kita geht auffangen und in annehmbare Bahnen lenken, vertrösten und irgendwie anders beschäftigen.
Wichtige Dinge lassen sich mit der Hummel nicht gut erledigen. Die Fahrten zum Pferdestall sind, was die Hummel angeht, zum Glück auch gezählt. (Das wilde Mädchen hat plötzlich ganz andere Interessen.) Denn die Hummel wollte IMMER mit zum Pferdestall, ist aber immer gelangweilt, maulig, hungrig, durstig oder ihr ist kalt, laufen will sie auch nicht. Es ist immer anstrengend. Nicht zu vergessen, dass allzeit ausgerufene Kommando: Nicht hinter den Pferden stehen! Und Papierkram hier zu Hause erledigen mit der Hummel geht aus ganz schlecht. Da werden die Kippschalter vom Drucker ausgeschaltet, während man einen Druckvorgang vorbereitet oder Spielzeuge auf meinen Schreibtisch mit Unterlagen gepfeffert oder oder oder.
Ganz davon abgesehen, dass die Hummel ALLES immer mit maximaler Geräuschproduktion begleitet. Selbst die Geschwister rufen immer öfter: „Sei doch bitte mal leise!“ Das tut mir einerseits leid, aber dieses Kind sendet ununterbrochen! Wirklich! Versuche diese Geräuschkulisse umzulenken gelingen nicht. Weder geht sie in andere Räume, noch hält sie länger als 5 Minuten Ruhe aus. Ruhig ist sie nur, wenn sie ihr Lieblingsprogramm schauen darf. Die Zirkus-DVD, die in der Projektwoche der Geschwister vor 2 Jahren aufgezeichnet wurde. Die CD hat sie schon zig mal geschaut. Wir kennen alle alles davon auswendig. Die Hummel-Zirkus-Liebe ist ungebrochen und ich würde fast behaupten, die DVD ist eine sichere Insel für sie. Wenn nichts mehr geht, dann geht der Zirkus. Sie hat, wenn es um Zirkus geht, Sitzfleisch. Vor dem Gerät oder auch im Zirkuszelt. Kein Gehampel, kein Maulen…pure Faszination und Konzentration.
Wenn ich kreativ arbeite, dann möchte sie auch mitmachen und beweist erstaunliches Geschick. Das macht uns beiden dann Freude.
Zurück zur Anhänglichkeit. Ich bin nun wirklich selten allein unterwegs. Sehr selten. Es gab eine Phase, da klappte es etwas leichter, wenn ich mal das Haus verließ. In den letzten Monaten klammert die Hummel aber wieder verstärkt. Möglicherweise liegt es daran, (und da beantworte ich meine Frage vom Anfang teilweise selbst) dass ich regelmäßig zur Erwerbsarbeit das Haus verlasse und das bei der Hummel zu Verunsicherung führt. Jedenfalls ist es für Abendtermine so, dass ich es lange vorher ankündigen muss und sich dann am Abend selbst ein großes Drama abspielt. Das ist für alle Beteiligten nicht schön und ich überlege bei allem, ob ich unter den Umständen wirklich alleine losziehen möchte. Das ist schon krass.
Im November war ich dann immerhin doch mal auf einem Konzert. Nicht ohne besagtes Heulen und Jammern und großem Geschwister-und-Papa-Einsatz. Und für diese Karnevalssession habe ich eine Karte für eine Karnevalsparty gekauft. Habe ich aber lange drüber nachgedacht. Denn: An Karnevalssamstag werde ich bei einem „Zoch“ mitgehen. Und der ist zu lang, um eine lauffaule Hummel entspannt mitzunehmen. Ich muss die Hummel also zweimal in kurzer Zeit „zurück lassen“. Den Karnrevalssamstag konnte ich ihr aber schon im Ansatz schmackhaft machen. Sie hat verstanden, dass das Mitlaufen für sie keine Option ist und sie besser im Kreise der Familie (Geschwister, Oma, Opa und Cousine) ohne Mama verbringt. Aber, man muss überlegen, dass ich schon seit 2 Wochen mit ihr darüber spreche und Karneval noch 4 Wochen hin ist. Die Vorbereitung für eine geplante Trennung braucht also immer einen sehr langen Vorlauf.
Die Hummel ist ein sehr eigenes Kind. Noch eigenwilliger als die Geschwister. Kleidung wählt sie grundsätzlich alleine aus. Sobald ich ihr einen Vorschlag unterbreite, ist die Kombination aus dem Rennen. Gleichzeitig möchte sie immer von mir Vorschläge hören, was je nach Tagesform zu Verstimmungen bei uns beiden führt. Socken gehen nur bestimmte. Auf keinen Fall darf eine Naht zu fühlen sein. Pulloverärmel dürfen nicht zu lang sein. Umkrempeln findet sie auch doof.
Haare waschen ist nach wie vor ein no go und trotze aller erdenklichen Tricks und Kniffe nur unter ohrenbetäubendem Gebrüll durchzuführen. Ich mache es dementsprechend selten. Beharrlich haben wir hier außerdem mit einem Toiletten/Thema zu tun. Die Hummel hat da ganz eigene und sehr klare Ideen zu dem Thema. Auch hier ziehen keine Tricks, Kniffe oder Hilfsmittel. Ich habe ALLES versucht! Dabei dachte ich mit drei großen Geschwistern Erfahrung zu haben. hahahaha
Die Hummel unterteilt ihre Welt übrigens in „das liebe ich“ und in „das liebe ich nicht“. Das ist sehr niedlich. Sie nutzt diese Form auch in der Vergangenheit. Wenn das Essen in der KiTa schmeckte, sagt die Hummel: „Das war soooo lecker. Das liebte ich!“
Essen ist auch ein Thema. Die Vorlieben sind sehr selektiv. Zum Glück ist eine kleine Auswahl an Obst und Gemüse dabei, damit ist die Vitaminzufuhr gesichert. Ansonsten geht nur Toastbrot, trockene Nudeln, Reis, Kartoffelpüree, eine bestimmte Müslisorte und Milchspeisen. Wurst und Käse als „Rollwurst“ oder „Rollkäse“ (auf eine bestimmte Weise eingerollt) gereicht geht auch. Was manchmal auch geht, sind „saure Würstchen“, womit sie saure Gurken meint.
Insgesamt hat die Hummel oft sehr lustige eigene Beschreibungen für Dinge.
Bevorzugtes Spiel hier zu Hause ist seit Monaten ein „Murmelspiel“. Die Murmeln werden auf dem Sofa ausgekippt und in der Sofaritze hin und her geschobene (da bleiben sie in einer Reihe) oder auf einer Gymnastikmatte aufgereiht. Die Murmeln sprechen dann auch lautstark miteinander. Oft ist es ein Zirkusgeschehen. Einmarsch in einer Reihe oder so etwas. Das ist stets das Erste, was sie nach der Kita macht. Zur Entspannung sozusagen.
Dann gibt es noch eine Szene aus der Adventszeit: Die Hummel befand, dass man mit unseren 2 anwesenden Wichteln richtig gut reden könne, jedoch bemängelte sie deren Zurückhaltung bezüglich der Antworten. „Mama, warum reden die nicht mit mir?“Auf diese Frage musste ich mir gar keine Antwort ausdenken, da hatte ich ich prompt etwas auf Lager. „Die kennen dich nicht.“ sagte ich also. Das verstand die Hummel. Denn das ist ihr Argument bis heute zu, warum sie mit Menschen nicht spricht. Es gibt Menschen, die sie schneller „kennt“ und Menschen, bei denen es einfach länger dauert. Insgesamt hat sie aber große Fortschritte gemacht und interagiert in vertrautem Setting sehr frei, offen und sehr laut. Nur eben bei Leuten die sie nicht kennt, da schweigt sie.
Es hat sich auch zunehmend heraus kristallisiert, dass sie „Partys“ aller Art sehr liebt. Bühnen, bunte Lichter, laute Musik, künstlerische Darbietungen…das ist voll ihr Ding. Auch ist sie erstaunlich „flügge“ wenn wir in Menschenmengen unterwegs sind. Da fühlt sie sich von anderen Menschen unbeobachtet und streunert unbeirrt herum, so dass mir schon die Schweißperlen auf der Stirn stehen, weil ich den Überblick über ihren Verbleib verliere. Sie selbst kommt dann aber zu meiner Überraschung immer wieder freudig lachend irgendwo hervor gesprungen. „Ich weiß immer wo du bist“, ruft sie. Tja, da scheint sie ein Urvertrauen zu haben.
Hätte sie das doch auch, wenn ich das Haus alleine verlasse…
Oder IM Haus.
Hier zu Hause ist es so, dass ich nichtmal zur Mülltonne gehen kann, ohne dass die Hummel neben mir steht oder nach mir ruft. Wenn ich die Etage wechsle, ruft sie nach mir und sucht mich überall. Wie oft ich rufen muss: „Ich bin nur kurz auf Toilette!“ oder „Ich hänge nur kurz die Wäsche auf!“ Würde ich der Hummel vorher Bescheid sagen, würde sie mich nicht rufen. Oft bin ich in meinem Tun so im Gedanken, dass ich nicht noch daran denken möchte mich „abzumelden“. Was diese Eigenschaft angeht, so muss ich einräumen, war ich als Kind auch so. Meine Mama kann ein Lied davon singen. 😬
Wenn die Hummel für sich entschieden hat ohne mich etwas zu tun, dann geht sie frei und sorglos auch alleine zu den Nachbarskindern zum spielen. Zu einer Kita Freundin geht sie auch manchmal alleine. Manchmal aber nicht. Das ist dann ein bisschen Tagesform abhänging.
Wenn ich die Hummel zusammenfassend beschreiben müsste, dann würde ich folgende Attribute auflisten:
intelligent, sprachgewandt, eigenwillig und stark, ehrgeizig, sehr klar in allen ihren Ansichten, braucht Kontrolle und Sicherheit, sportlich, fröhlich, laut, fantasievoll, lustig, Mama-Kind