So sehr wir unsere Kinder auch behüten, wir können nicht alles von ihnen fern halten. Und so plagen sich Kinder auch immer mal wieder mit Problemen oder Ängsten herum. Es gehört zum Leben. Der Umgang muss gelernt werden.
Ängste gibt es wohl viele. Seien es Krabbeltiere, laute Geräusche, Gespenster, Räuber oder was auch immer den Kindern und auch Erwachsenen so einfällt.
Bestimmt gibt es auch Ängste die sehr tief sitzen und nicht einfach mal so zu beheben sind. (Angsterkrankungen lasse ich aus. Das ist ein extra Thema.)
Die „normale“ Angst ist ja nun auch ein wichtiges Hilfsmittel, um Gefahren zu erkennen. Der eine ist ängstlicher, der andere weniger. Ein Teil ist also von vornherein verankert. Aber ich bin sicher, dass man als Bezugsperson auch Einfluss auf den Umgang mit Ängsten und Problemen hat.
Ich bin sehr achtsam bei Kindern, wenn sie Ängste und/oder Probleme haben/zeigen oder ich welche vermute. Als Lehrerin ebenso, wie mit meinen eigenen Kindern.
Kleine Alltagsnöte, die sich über eine längere Zeit aufstauen.
Bauchschmerzen (ohne organische Ursachen) sind gerne mal ein Zeichen für ein etwas länger anhaltendes Problem. Das muss nicht immer was Wildes sein. Zeigt aber eine Belastung, die sich ganz oft sehr leicht lösen lässt. Ein Schüler zum Beispiel kam eine Weile sehr oft nicht wegen Bauchscherzen in die Schule. Die Eltern kamen der Sache nicht auf die Spur. Machmal sagen Kindern den Eltern auch nicht so gerne was sie bedrückt, weil sie nicht wollen, dass sich die Eltern unnötig Sorgen machen. Das muss Eltern auch bewusst sein und hat nicht zwingend etwas mit mangelndem Vertrauen zu tun, sondern manchmal auch einfach nur mit einer aktuellen Situation zu Hause. Wenn Eltern den Verdacht haben, dass etwas nicht stimmt und sich das Kind nicht öffnet, sollten sie eine andere Person (z.B. Lehrer, Betreuer, Erzieher) ansprechen und bitten einmal nach zuhorchen.
Da der Bauchschmerzen-Schüler innerhalb der Klasse keine Probleme hatte und sich auch sonst nicht beklagte und fröhlich war. Ich benannte kurz die positiven Dinge, aber dass manche Kinder dennoch immer mal Ewas haben, was sie stört. Dann fragte ich ihn: „Gibt es irgendwas, was du so richtig doof findest?“ Und das Ergebnis war, dass auf der Schultoilette manchmal ein Junge aus der 4. Klasse rumlungerte und die kleineren Schüler beim Toilettengang durch blöde Sprüche und durch gegen die Tür Trommeln ärgerte. Der Bauchschmerzen-Schüler mochte das überhaupt nicht, hatte ein bisschen Angst und das Gefühl dagegen nichts tun zu können und reagierte mit Bauchschmerzen. Ich vermute sogar stark, dass er selbst dachte, dass dieses Ärgern ja im Grunde nicht so schlimm sei und er dadurch in zusätzlichem Konflikt war. Außerdem wollte er nicht petzen. Die Sache ließ sich dann aber sehr schnell und gut lösen und die Bauchschmerzen waren von heute auf morgen weg. Wir mussten uns dann mit der ganzen Klasse auch nochmal über den Unterschied von Petzen und dem Melden tatsächlich blöder Sachverhalte unterhalten.
Unter Umständen gibt es auch Situationen, da möchte ein Kind nicht mehr gerne zum Turnverein oder was auch immer für ein Freizeitpunkt ansteht. Nicht immer steckt eine Unlust an der Aktivität selbst dahinter, sondern ein äußerer eher harmloser Umstand drum herum um diese Aktivität. Man sollte das Drumherum genau beobachten und das Kind mal genau befragten. Vielleicht mit einem eigenen Beispiel starten. Das man selbst mal irgendwo nicht hin wollte, weil einen was gestört hat. Man bekommt das in der Regel raus.
Ich halte es zudem für wichtig, dass man möglichst bei allen Problemen der Kinder die Ruhe bewahrt und nicht sofort ausflippt, selbst wenn man berechtigten Grund dazu hat. ( Ich gebe zu, ich hatte auch einmal eine Situation mit dem Sohn, da wäre ich am liebsten heulend zusammen gebrochen und danach lamentierend über den Widersacher hergefallen. Aber was hätte es genützt? Ich machte ein Pokerface während in mir ein Sturm tobte.) Die meisten Sachen lassen sich klären. Ruhiges, sachliches aber entschiedenes Vorgehen ist immer die bessere Wahl. Manchmal muss man auch erst einmal eine Nacht drüber schlafen.
Angst die sich aus einem heftigen Schreck heraus entwickeln kann, wenn man sie einfach übergeht
Da hatte ich ein Erlebnis mit dem Sohn, er war noch nicht ganz 1,5 Jahre alt. Wir gingen zu der Zeit viel in den Zoo. An einem Tag machten wir Rast in der Nähe des Löwengeheges. Der Sohn knabberte an einem Keks und stand etwas abseits von mir. Plötzlich BRÜLLTE der Löwe richtig los. Es war markerschütternd! Sogar ich war kurz zusammen gezuckt und beeindruckt. Der Sohn erschauderte, ließ den Keks fallen begann zu weinen und zitterte und bebte noch eine ganze Weile auf meinem Arm. Das arme Kerlchen war fix und fertig. Er schlotterte. Das Herzchen schlug wie wild. Ich spürte, dass er dieses Erlebnis nicht einfach vergessen würde. Ich packte unsere Sachen zusammen und ging mit dem Sohn an das Gehege ran an eine Stelle, wo man den Löwen gut sehen konnte. Ich erklärte dem kleinen Kerl, dass das der Löwe gewesen war. Dass ich das auch sehr laut gefunden und mich erschreckt hätte. Aber dass das auch richtig toll ist, wenn so ein Löwe mal richtig brüllt. Der würde nämlich so „Guten Tag“ sagen und vielleicht auch mal meckern über irgendwas. Vielleicht hatte er sich auch geärgert. Ich redete und redete in ganz ruhigem und sachlichem Ton.
Der Sohn reagierte fasziniert und skeptisch zugleich. Der Löwe hieß ab da „Baaaoow“ und brüllte auch: „Baaooow!“ Das machte der Sohn mit ganz tiefer Kinderstimme nach. Super süß.
Zu Hause erzählten wir dem Mann von unserem tollen Löwenerlebnis und ich kramte sofort zwei Löwenbücher hervor. Eines mit Fotografien und einmal das Kinderbuch: Ich bin der kleine Löwe. (Manch einer kennt das vielleicht)
Diese Bücher besahen wir uns von dem Tag an wochenlang immer und immer wieder. Der Sohn rannte jedem Besucher mit einem der beiden Bücher entgegen und zeigte den Baaaoow. Im Zoo wollte er ab da immer zuerst den Baaaoow bestaunen. Wir zeigten schließlich zu Hause auch YouTube Videos von brüllenden Löwen. Der Schreck und die kurze Angst wandelte sich mehr und mehr in Faszination und nach und nach in Verständnis. Es gab dann auch noch einen großen Stoff-Löwen zum Kuscheln aus meinem alten Kuscheltierfundus.
Ich wage zu behaupten durch sachliche Aufarbeitung auf diversen Kanälen haben wir diesen Schreck in etwas Positives verwandeln können. Denn, man hat nur Angst vor etwas, was man nicht versteht. Da der Baaaaoow aber wochenlang Thema war, konnte man ablesen, WIE beeindruckend das Brüllen wirklich gewesen war.
Angst im Dunkeln
Ein anders Ding ist Angst im Dunklen. Angst im Dunkeln sollte man auch sehr ernst nehmen und sich keinen Spaß daraus machen und die Kinder noch extra erschrecken. Ich hatte lange Angst im Dunkeln. Aber so richtig. Meine Fantasie war für mich nahezu real. Dabei hatte ich lange keinen Zugang zu gruseligen Geschichten. Der Auslöser war im Kindergartenalter ein Gutenachtgeschichtenbuch. Ich erinnere mich genau. Dieses Buch war voller sehr schöner Illustrationen. Die Figuren sahen alle sehr süß und lieb aus. Eine Geschichte spielte im Herbst. Und zwei Mädchen hatten sich als Hexen verkleidet. Aus heutiger Sicht ein total harmloses Bild mit zwei süßen Hexen. Weiß der Kuckuck was ich darin gesehen habe. Diese Hexen waren für mich viele Nächte lang der Schreck im Schrank. Da lugten sie immer raus. Eine Zeitlang schlief ich immer komplett unter meiner Decke, damit ich die Gestalten, um mich herum nicht sehen musste. Ich schwitzte wie verrückt und meine Mutter musste mich nachts immer einmal umziehen, weil mein Schlafanzug komplett durchgeschwitzt war. Die Lösung war schließlich das Bett umzustellen. Da hat sicherlich auch jedes Kind andere Vorlieben. Ich hatte selbst die Idee das Bett umzustellen. Und schon bald hatte ich eine richtige Schlafkoje mit Vorhang. Die Angst im Dunkeln war noch nicht gebändigt, aber ich schlief in der Koje viel besser und entspannter, weil ich mich geborgen fühlte.
Licht hilft dabei auch. Man sollte dem Wunsch nach Licht auf jeden Fall nachkommen. Durch ein Nachtlicht oder „nur“ Vorhänge, die das Straßenlicht noch herein lassen. Oder ein Licht im Flur und eine offene Tür.
Sicherlich hilft es manchmal die Angst zu überwinden, wenn man sich der Situation stellt. Aber gerade Kinder zu etwas drängen ist nicht gut. Stattdessen sollte man Hilfestellungen bieten in Form von Informationen, Beobachtungsmöglichkeiten in „sicherem“ Abstand und der ängstlichen Person Zeit geben.