Der Sohn kommt seit kurzem die Hälfte des Schulweges alleine zurück nach dem Unterricht. Wir treffen uns dann auf halber Strecke. Das klappt prima.
Am Freitag sammelte ich ihn aber nochmal mit dem Lastenrad an der Schule ein.
Er kam fröhlich gesprungen und während ich ihn bat, seine Jacke noch anzuziehen, stellte ich seine Schultasche schon ins Fahrrad.
Dann tauchte eine Schulfreundin auf, die er besonders gern mag und drehte albern auf. Eigentlich ganz süß. Er scheint ihren Humor zu treffen.
Als ich ihn bat einzusteigen, fragte er nach seiner Schultasche. Ich sagte, die hätte ich schon ins Fahrrad gestellt. Er sprang darauf auch ins Rad und sagte: „Dann stell ich die Tasche wieder raus.“ Und er warf seine Schultasche unsanft auf der anderen Fahrradseite wieder raus. Die beiden Kinder lachten. Irgendwie war die Situation auch lustig.
Ich mag allerdings nicht, wenn man mit Dingen (mit Lebewesen natürlich auch nicht) so grob umgeht. Ich bat ihn, die Tasche wieder ins Fahrrad zu holen. Was er tat, aber er warf sie dann wieder unsanft und die Tasche blieb auf der Seite liegen.
Ich meckerte, er solle die Tasche richtig hinstellen. Der Sohn sagte dann: „ Mama, übrigens ist meine Trinkflasche kaputt. Meine Tasche war ganz nass.“
„Wie?“
„Ja, die läuft aus!“
„Dann stell doch bitte deine Schultasche jetzt endlich richtig hin und wirf sie nicht durch die Gegend, dann läuft auch keine Flasche aus und es geht auch nichts kaputt!“
„Ich habe die Flasche schon ausgeschüttet. Da fehlt aber auch was.“
Ich kramte die an sich sehr solide Flasche aus der Tasche und begutachtete das Problem. Es fehlten sogar zwei Teile, die eigentlich in der Flasche sein müssten und da auch nicht hinaus fallen können. Eigentlich. Es sei denn man schraubt den Deckel ab und kippt sie aus. Dann müssten die beiden Teile allerdings auch nicht richtig zusammengesetzt gewesen sein. Und dann müssten die fehlenden Teile auch ins Waschbecken gefallen sein. Irgendwie alles merkwürdig. Ich baue die Flasche doch jeden Morgen zusammen und überprüfe, ob nichts ausläuft, indem ich sie auf den Kopf drehe.
Der Sohn meinte, die fehlenden Teile seien im Ranzen. Ich wollte die Tasche zu Hause mal gründlich auf den Kopf stellen.
Ich motze aber schon ein wenig, weil ich dachte, dass das alles seltsam wäre, aber mich auch nicht wundert, wenn man mit seinen Sachen so achtlos umgeht. Auf der Fahrt wollte mir der Sohn dann immer noch etwas sagen, aber ich verstand nur die Hälfte und motze vor mich hin.
Zu Hause angekommen motze ich weiter und hielt eine Gardinenpredigt über den Umgang mit Dingen. Warum ich es nicht leiden kann, wenn man so achtlos ist. blablbabla
Der Rohrspatz lässt grüßen.
Der Sohn stand ganz ruhig vor mir und wartete, bis ich mich abgeregt hatte.
Dann sprach er: „Mama, das war direkt heute morgen so, als ich ihn der Schule ankam! Ich habe NICHTS gemacht mit der Flasche!“
Ich besah mir darauf hin nochmal die Flasche, durchwühlte nochmal die Schultasche und fragte, ob denn nichts aus der Flasche rausgefallen wäre, als er sie ausgekippt hatte.
„Nein.“
„Hat auch nichts auf dem Boden gelegen?“
„Nein!“
Da ging ich zu der Schublade, in der ich die Trinkflaschen immer aufbewahre und…
Ich hatte am Morgen offenbar im Halbschlaf komplett plemplem, die Flasche nicht vollständig zusammengesetzt. Die fehlenden zwei Teile lagen in der Schublade.
Soviel zu: Ich mache das JEDEN Morgen so.
Schande auf mein Haupt.
Ziemlich zerknirscht zeigte ich dem Sohn die Teile und bat ihn um Verzeihung.
Da wir in diesem Hause durchaus auch alle theatralisches Gebaren können, warf ich mich vor ihm auf die Knie und sagte in flehendem Ton, er dürfe seiner dummen Mama eine Bratpfanne über den Kopf braten.
„Nein, das tut doch weh“, sprach der weise Sohn. Nichts anderes hatte ich erwartet. 😉 (Wir kennen uns gut genug, um nicht alles wortwörtlich zu verstehen. )
Wir mussten dann doch beide noch lachen und ich sagte, das sei manchmal typisch für mich. Gut, dass er so beharrlich geblieben sei. Das solle er so beibehalten.
Was sagt mir das allerdings?
Traue der Routine nicht, denn zu schnell glaubt man, man hätte an alles gedacht und es dann doch nicht gemacht.
Kennt ihr das? Habt ihr auch schon mal fälschlicherweise eure Kinder rund gemacht und ward es eigentlich selbst?
6 Antworten auf „Wie ich zu unrecht meckerte und was es mich lehrte.“
Ja, kenne ich auch gut. Bei uns war es diese Situation: wir wollten auf den Spielplatz und ich bat den Sohn sich schon mal die Jacke anzuziehen, während ich dem kleinen half…Er meinte die Jacke hinge nicht an der Kindergarderobe und wäre auch sonst nicht auffindbar. Ich meinte dann er hätte sie wohl wieder in der Schule vergessen…mecker…mecker. Nein das hätte er nicht!!! Das ging dann so hin und her. Er ging dann in die Küche um noch ein Glas Wasser zu trinken. Ich schnappte mir meine Jacke und was war darunter?Seine Jacke. Nur ich konnte Sie dahin gehangen haben. Es tat mir so leid und ich drückte ihn….LG K.
Das Jacken-Ding ist so ein Klassiker, oder? Die werden auch hier gerne gesucht….und gefunden wo man sie nicht vermutet hatte. 😀
Sowas ist mir selbstverständlich nienichtmals passiert, Mamas haben schliesslich immer recht 😉
(Sag mal, warum kann man bei dir nicht mehr über den Reader kommentieren? Ich frage nur, weil ich meistens mit dem Handy lese, aber dieses total lahm ist, wenn es die Beiträge direkt über die Website direkt anzeigen soll 🙁 )
Oh, danke für den Hinweis! Offen gestanden, ich weiß es nicht. Neulich sponn der Reader mal komplett…vielleicht ist da was „hängen“ geblieben. Mal sehen, ob ich das Problem lösen kann. 🙂
Liebe Beatrice, ich kenne das zu gut. Und ich kenne das beschämende Gefühl, wenn man den ganzen Morgen gemeckert hat. Ich bin ein wenig froh, dass es anderen Müttern auch so geht. Aber dazu sage ich dir noch was: du hast einen Fehler gemacht mit der Trinkflasche, ihn eingesehen und dich bei deinem Sohn entschuldigt. Ist es nicht wunderbar, dass er dich als Vorbild hat? Eine Mutter, die nie Fehler macht, wäre ein ebenso schlechtes Vorbild wie eine, die sich nicht für ihre Fehler entschuldigt. Aber so ist diese Erfahrung für dein Kind wichtig, schön und vetrauensbildend. Also fast ein bisschen gut, dass dir das passiert ist, oder? Drück dich, deine Laura
Hach Laura,
das hast du schön gesagt. 🙂 Ich glaube auch, dass Fehler nun mal passieren und es im Grunde gar nicht schlimm ist, wenn man sie erkennt oder sich eingesteht und das auch zugibt. Es gehört auch zum sozialen Lernen dazu, mit solchen Momenten umzugehen. Und wie alles im Leben: Vorleben ist ehrsamer, als es in der Theorie zu besprechen.
Es wird nicht mein letzter Schnitzer bleiben. 😀