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Erziehung und Realität

Die Sache mit der Einstellung: Entspannte Eltern=entspannte Kinder?

Ist Elternzeit Einstellungssache?

Der Spruch entspannte Eltern, entspannte Kinder lässt oft genug Eltern verzweifeln.

Es ist nämlich nicht nur Einstellungssache, ob mit Babys und Kindern alles ganz einfach klappt. Und wenn andere Eltern umgekehrt meinen, man würde sich noch wundern, wie schwierig es mit Baby werden würde, heißt das auch nichts. Jedes Elternpaar muss sehen, welches kleine Menschlein es da geschenkt bekommt. Jedes Kind ist anders.

Eltern von eher anstrengenden Babys und Kleinkindern suchen ohnehin immer die Schuld bei sich. Dabei geben die Kinder ganz viel vor und darauf muss man sich einstellen. Es ist sicherlich sehr hilfreich, wenn ein Schreibaby oder high-need Kind oder was auch immer die Sache anstrengend macht, von entspannten Eltern begleitet wird. Trifft ein nervöses unsicheres Elternpaar auf ein kompliziertes Baby, kann das sicherlich zu noch mehr Unruhe, als ohnehin schon führen.

Im günstigesten Fall hat man die Kombination aus entspannten Eltern und entspannten Kindern. Da sind Sachen möglich, da können andere Eltern nur von träumen. Manche Babys lassen sich problemlos überall mit hinnehmen. Sie schreien selten, sind ausgeglichen und fröhlich überall dabei. Flugreisen, Urlaube, Partys….alles kein Problem. Sie schlafen einfach und überall. Ein Traum.

Ich dachte lange auch bei solchen Familien, dass sei einfach die entspannte Art oder Einstellung der Eltern, die sich da übertragen hätte. Da hatte ich noch keine Kinder. Und ich wollte auch so sein.

Anders herum habe ich auch aus beruflicher Warte etwas unruhigere Kinder kennengelernt, die von aufgeregten Eltern noch unruhiger gemacht wurden.
Das waren aber schon etwas größeren Kinder. Und da gilt wirklich: Wenn die Kinder im Flow sind mit was auch immer und es keine Not tut, dann sollte man sie nicht unterbrechen. Im Spiel versunkene Kinder muss man nicht alle 5 Minuten fragen, ob sie durstig sind. Einen kleinen Tick muss man auch nicht überinterpretieren und das Kind ständig drauf ansprechen. Da wird der Tick eher noch schlimmer. Die Ursache sollte man suchen, finden und wenn möglich beheben. Ich muss auch nicht jede kleine Irritation in der Entwicklung überinterpretieren. Ständig fördern, wo nichts zu fördern ist. usw. Die Liste kann man beliebig verlängern. Da spielt dann die Einstellung tatsächlich eine Rolle!

Die Kunst ist es als Eltern entspannt zu bleiben, wenn das Kind „Probleme“ hat und die Situation anzunehmen, wie sie ist. Die Kinder so geduldig begleiten, wie möglich. Dann kann man die ersten Jahre halt nicht auf Partys gehen oder ständig Wochenendtrips machen. Nur mal so als Beispiel. Das ist die Einstellung, die wichtig ist.

Ich würde mich im Großen und Ganzen entspannt nennen. Ich werde sogar zumeist so wahrgenommen. Wenngleich ich es im Alltag auch oft nicht bin. Hab ich hier schonmal beschrieben.
Meine Kinder waren alle drei auf ihre Art keine Babys, die man ohne Weiteres irgendwo mit hin nehmen konnte. Entweder ich bekam am Abend die Quittung mit furchtbaren Schreiatakken, oder wir hatten Horror-Autofahrten (die mochten nicht im Auto fahren, die schliefen einfach nicht wie angeblich alle anderen Babys im Auto) oder ich musste den ganzen Tag das Kind schleppen und konnte es nicht abgeben. Auch auf ruhigen Partys, obwohl ich das Kind im Tuch schleppte, machte sich schnell Unruhe breit. Es brauchte nur ein unbekanntes Gesicht einen vorsichtigen Blick zu wagen. Das reichte schon.
Während andere Babys auf wohlgemerkt ruhigen oder auch etwas lebhafteren Partys schliefen, z.B. unter dem Tisch, im Nebenzimmer in einem Reisebett oder dem Sofa, ging das mit meinen Kinder gaaaaar nicht. Nix zu machen. Ein Wochenendtripp mit anderen Familien…die anderen Kinder schliefen mit Babyphone ausstaffiert in den Freienwohnung, während die Eltern im Gemeinschaftsraum lustig zusammen saßen. Wer ging mit seinen Kindern zusammen schlafen, weil sie einfach alleine in fremder Umgebung nicht schliefen? Na?
Es waren ein paar anstrengende erste Jahre.

Alle drei Kinder brauchten auf ihre Art Zeit, um auf diesem Planten anzukommen. Wir haben ihnen diese Zeit so gut es ging gegeben. Unternehmungen wurden auf die Bedürfnisse abgestimmt. Ich habe auf einiges verzichtet. Manchmal war ich traurig darüber. Manchmal habe ich mich auch geärgert. Aber insgesamt war es ok so. Ich vertraute darauf, dass diese Geduld zu einem guten Ziel führt.

Ich staune über diese Kinder und vieles was sie machen und können, da behaupte ich keinen Einfluss genommen zu haben. Sehr viele Anlagen waren einfach von alleine da. Sie durften sich entwickeln.

Bei einer Sache bin ich mir aber sicher: Die Kinder sind heute so entspannt und unkompliziert wenn wir unterwegs sind, weil wir die unruhigen Kinder von Anfang an entspannt angenommen haben. Aus diesen sensiblen Babys und Kleinkindern entwickelten sich fröhliche, meist ausgeglichene, kontaktfreudigen und vor allem aufgeschlossenen Kinder.
Wir nahmen sie an und sie bekamen die Zeit, die sie brauchten, um sich an alles zu gewöhnen.
Wir haben sie gelassen, ihnen keine Unternehmungen aufgezwungen und einfach entspannt abgewartet. Um es noch deutlicher zu sagen: Sie mussten sich nicht schnell an etwas gewöhnen, weil wir das so wollten.

Hier und da gibt es auch heute noch Bereiche, die wir langsam angehen. Aber ich weiß, irgendwann platzt auch da der Knoten und es geht leicht und selbstverständlich von allein.
Ich möchte also für alle Eltern und vor allem Neueltern sagen: Zweifelt nicht an euch, wenn ihr kein entspanntes Baby habt. Wenn ihr ein Baby habt, das lieber zu Hause ist, als auf Omas Geburtstag und sich nicht unter dem Küchentisch bei Freunden kullern mag, dann ist das vollkommen in Ordnung.

Habt Vertrauen in das Kind. Es zeigt, wann es soweit ist!

 

10 Antworten auf „Die Sache mit der Einstellung: Entspannte Eltern=entspannte Kinder?“

Liebe Beatrice, ich gebe dir da vollkommen Recht. Entspannte Eltern sind erstmal eine gute Voraussetzung, aber es kommt eben auch auf das Wesen des Kindes an. Während bei der Großen vieles easy war, müssen wir mit der Kleinen( 4,5 Jahre), immer noch bei vielem zurückstecken, weil es mit ihr einfach nicht möglich ist. Sie würde die Veranstaltung einfach sprengen. Sie braucht klare Strukturen und viele Freiräume… Fremdbestimmt zu werden führt bei ihr zu Frustration, die sie dann auch auslebt… Und übrigens: Unsere Kinder fahren bis heute nicht gern Auto, 😉!
Gruß
Sylvi

Liebste Frau Confuß,

was für ein guter Beitrag! Und ja – Eure Kinder empfinde ich als sehr ausgeglichen und alles, was Du beschreibst – ich finde, Ihr macht ganz viel richtig! Dieses Thema wälze ich auch schon lange hin und her und hier ein paar Gedanken dazu:

Wir als Eltern haben anfänglich auch öfter an uns gezweifelt, weil unsere Kinder immer schon ein bisschen ‚aus der Reihe fielen‘ – sie konnten nur bei uns im Bett schlafen, wir haben sie jeden Abend in den Schlaf tragen müssen – bis sie 2 Jahre alt waren; sie BRAUCHTEN das! Sie brauchten unsere Nähe. Es gibt sicherlich Kinder, die nicht so viel brauchen; meine tun es aber (wieso sollten sie auch anders sein als ich?!) Den Tag über wollten sie auch ständig getragen werden, sie wollten immer nur die Brust und verweigerten die Flasche… (kann ich gut verstehen; würde ich genau so machen…!) Diese Reihe von Dingen, die bei uns lange noch nicht drin waren/sind, geht auch noch lange weiter; Dinge, die „High need“ oder „Attachment Parenting“ beschreiben. Beim Schätzlein entwickeln sich aus dieser Hingabe jetzt Früchte: Sie schläft z.B. bombenmäßig ein, alleine (!), und sie schläft tatsächlich durch! Aber erst, seitdem sie 3 Jahre alt ist. Vorher gab es Horror-Autofahrten, abendliche Schrei-Baby-Stunden… Daher haben wir als Paar, aber vor allem ich auf vieles verzichtet und tue es noch. Natürlich vermisse ich manchmal ein wenig mehr Freiheit, das Fremdbestimmtsein dauert schon lange; aber ich habe mich dafür entschieden und ich entscheide mich jeden Tag wieder dafür; im Sinne meiner Kinder. Das war und ist ok für mich! Ich selbst sehe mich auch als entspannt; meistens. Bei uns ist eher Herr Lampenhügel die Glucke 😉 . Wenn wir aber früher von anderen Paaren gehört haben, was deren Kinder schon alles können, da ist man schnell beim Vergleichen. Und vor allem bei der (Schuld)Frage: „Warum ist unser Baby so anders?!“ Gerade, wenn man unsicher ist! Inzwischen bin ich recht bei mir selbst und höre auf meinen Bauch, auf unsere Bäuche, was meine Kinder angeht. Ich bin eben auch an meinen Kindern gewachsen. Entspannt hin oder her.

Ich finde man kann das einfach nicht so pauschal sagen. Vielleicht trifft es teilweise zu, dass ein Baby eigentlich unruhiger ist, aber durch die entspannten Eltern schnell zur Ruhe kommt.
Und ja, es ist falsch, wenn Eltern immer die Schuld bei sich suchen oder gar zu geschoben bekommen.

Trotzdem, auch wenn es nicht immer einfach ist oder klappt. Eine entspannte Einstellung, egal in welcher Lebenssituation ist von Vorteil. Man kann sich nur halt nicht immer „nach Plan“ verhalten.

Auf jeden Fall ist eine entspannte Einstellung sehr hilfreich. Aber es beeinflusst nicht, ob das Kind unkompliziert oder eher anspruchsvoll ist.

Nein natürlich nicht. Ich glaube oft, dass durch all die doofen Kommentare Eltern gerade erst „unentspannt“ werden. Und was dieses entspannt bedeutet, das ist sowieso eine individuelle Sache. 😉

Super Beitrag und ich gebe Dir vollkommen recht. Wir hatten zwar ein entspanntes Baby, aber jetzt als Kleinkind genau das Gegenteil davon. Autofahrten (längere) sind ein Graus und auch einkaufen ist (ohne Ablenkung) nicht angenehm. Ich war immer entspannt und doch habe ich nun einen kleinen Wirbelwind. Das hat nicht nur mit der Einstellung zu tun. Aber Ruhe bewahren, auch wenn es mal hitzig zu geht, ist auf keinen Fall verkehrt, auch wenn es nicht immer einfach ist :-). Liebe Grüße, Nicole.

Toller Beitrag!
Dem stimme ich voll und ganz zu.
Unsere Kinder waren schwierig. Naja, das erste Kind war „halb“ schwierig, aber ich war noch zusätzlich so unsicher im Anfänger Modus, dass es insgesamt doch „voll“ schwierig war. Als eineinhalb Jahre später das zweite Kind folgte, wurde es erst richtig schlimm. Ab dem 4. Monat hat Kind 2 nicht mehr geschlafen. Also nie länger als eine halbe Stunde. An richtig guten Tagen vielleicht mal eine Stunde am Stück. Und das bis es eineinhalb Jahre alt war. Der absolute Horror. Vom ersten Kind an haben wir ab Geburt Partys, Feiern bei Freunden, Übernachtungsbesuche, etc. gemieden. Nachdem ich die ganzen Buh-Rufe nicht mehr etragen konnte, da habe ich mich mal auf einen Übernachtungsbesuch eingelassen. Es war furchtbar. Irgendwann waren wir dann auf einer Hochzeit eingeladen. Letztlich gab es Streit und es war furchtbar. Das war es. Mehr habe ich nicht mitgemacht und ich habe mich sehr wohl gefühlt, alles abzulehnen und mit den Kindern gemeinsam neu zu wachsen. Es war richtig schön. Ich hatte auch nicht im Geringsten das Bedürfnis mehr zu erleben. Das Leben mit Kindern war Erlebnis genug. Mein Mann und ich waren uns da auch absolut einig. Ab dem Moment, indem wir uns zu nichts mehr verpflichtet hatten, ging es uns gut. Heute werde ich noch oft gefragt, warum ich mich und mein Leben für die Kinder „geopfert“ hätte. Das Wort „geopfert“ fällt in diesen Diskussionen tatsächlich. Ich habe mich doch für meine Kinder entschieden. Solange Kinder und Eltern mit sich selbst völlig im Reinen sind, opfere ich mich doch nicht!? Jetzt sind die Kinder fast 3 und fast 4einhalb. Im Sommer war ich das erste mal mit einer Freundin ausgegangen und unsere Männer haben die Kindernachtruhe betreut. Nach diesem Abend mit Tanz, Alkohol und jungen Hüpfern waren wir uns absolut einig: Wir hatten nichts verpasst in den letzten Jahren. Der Abend war okay. Aber das brauche ich jetzt vielleicht 2x pro Jahr, nur um zu merken, dass diese Partys auf die ich verzichtet habe nicht mehr viel Wert sind, wenn man eine tolle Familie hat. Die sind nicht gegen den alltäglichen Spaß. Jetzt bin ich ein bisschen vom thema abgekommen. Und irgendwie auch nicht.

Nachtrag:
Worauf ich eigentlich hinauswollte, habe ich ganz vergessen zu schreiben:
Wir haben uns die letzten Jahre voll und ganz auf unsere teils schwierigen und schlaflosen Kinder eingelassen und unsere Zeit in sie investiert und jetzt ist es so, dass wir es voll und ganz zurückbekommen: Die Kinder sind meist glücklich, entspannt und kooperieren super. Anfangs war es teils sehr schwierig, aber wir haben uns einfach nur auf ihre Bedürfnisse eingelassen und Tag für Tag merken wir, wie viel wir davon zurückbekommen.

Vielen Dank für deinen langen Kommentar!
Ja, es ist genaus so! Die Geduld wird belohnt. Und das mit den Partys kenne ich auch. 😀 Ich suche mir lieber weniger und dafür „passende“ Veranstaltungen aus. Mit „passend“ meine ich, dass es immer zu den Kindern, den Umständen und meinen Bedürfnissen passt. Egal ob als Familie oder alleine oder als Paar. Dann habe auch ich immer ein gutes Gefühl und kann genießen.

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